Technologie:Warum Apple immer stärker auf München setzt

Technologie: Apple-Chef Tim Cook (Mitte) mit Hardware-Chef Johny Srouji (links) und einem Mitarbeiter in der Echokammer des Apple-Entwicklungszentrums in München.

Apple-Chef Tim Cook (Mitte) mit Hardware-Chef Johny Srouji (links) und einem Mitarbeiter in der Echokammer des Apple-Entwicklungszentrums in München.

(Foto: Brooks Kraft/dpa)

Das Oktoberfest nimmt er gerne mit, aber eigentlich kommt Apple-Chef Tim Cook in die Stadt, um den neuen Entwicklungsstandort zu besuchen. Der wird immer wichtiger für den Konzern.

Von Helmut Martin-Jung

Die Räume sind fast alle leer im "Karl", dem von Stararchitekt David Chipperfield designten Bürogebäude in der Münchner Karlstraße. Der Eingangsbereich sieht noch nach Baustelle aus, nicht danach, was hier bald Einzug halten wird. Weiter oben lässt es sich schon erahnen und teils auch sehen: Gestylte Räume, teures Mobiliar und sogar auf den Temperaturfühlern prangt das weltbekannte Apfel-Logo des Konzerns, der hier vor allem seine Ingenieure unterbringen will. Und einer sieht sehr zufrieden aus, als er sich die Räume ansieht: Apple-Chef Tim Cook ist angereist und lobt Deutschland überschwänglich: "Der unternehmerische Geist hier ist großartig", berichtet er von Gesprächen mit App-Entwicklern in Berlin.

Cook tritt auf, wie man ihn aus Präsentationen kennt, blaues Hemd, blaue Chino, nichts Extravagantes. Der Chef eines der wertvollsten Unternehmen weltweit ist kein Lautsprecher, er wirkt stets überlegt. Im Konzern spiele der Standort München eine immer größere Rolle, sagt er, etwa 2000 Ingenieurinnen und Ingenieure arbeiteten hier an Technologien, die in den nächsten Jahren in Produkte wie das iPhone oder in Apple-Laptops eingebaut werden sollen.

Vorstandsmitglied Johny Srouji, für Apples Hardware verantwortlich und mit Cook nach München gekommen, geht etwas mehr ins Detail: "München ist der größte Entwicklungsstandort in Europa", mehr als eine Milliarde Euro habe man bereits investiert. Aber warum gerade München? "Viele Ingenieure wollen gerne hier arbeiten", sagt Srouji, und Cook ergänzt: "Das war doch lange Zeit das Geheimnis des Silicon Valley: Viele Menschen wollten wegen der hohen Lebensqualität dort wohnen."

Dem Team gehören mittlerweile Menschen aus mehr als 40 Nationen an

Aus Sicht von Apple spricht für München zum einen, dass viele der hochqualifizierten Mitarbeiter, die man hier braucht, München attraktiv finden. Dem Team gehören mittlerweile Menschen aus mehr als 40 Nationen an. Zum anderen aber schätzt man aber auch, wie Tim Cook eigens hervorhob, die "hohe Qualität der universitären Bildung in Deutschland". Mit der Technischen Universität München arbeitet Apple bereits bei einigen Projekten zusammen.

Dass Apple so viel Wert auf Forschung und Entwicklung legt, war nicht immer so. Lange Zeit war das Konzept der Firma eher, Teile zuzukaufen und zusammenzubauen - verpackt in hübschem Design. Das stand sogar auf den Verpackungen: "Designed in California". Das funktionierte eine Zeit lang sehr gut, auch weil der Konzern mit seiner Marktmacht die Zulieferer zu Höchstleistungen treiben konnte. Doch Apple hat seine bisherige Strategie mittlerweile deutlich verändert und entwickelt mehr und mehr Teile selbst. Daran wolle man auch trotz des drohenden Wirtschaftsabschwungs festhalten. Den bekommt auch Apple zu spüren. Berichte darüber, dass der Konzern die geplante Ausweitung seiner iPhone-Produktion erst einmal abgesagt hat, schickten die Aktie auf Talfahrt.

"Wir wollen uns differenzieren, nicht duplizieren."

Das Ziel der Eigenentwicklungen ist klar: "Wir wollen uns differenzieren, nicht duplizieren", bringt es Hardware-Chef Johny Srouji auf den Punkt. In den vergangenen Jahren wurde das immer deutlicher. Bei den iPhones fing es an. Anstatt die Hauptchips bei Zulieferern wie Qualcomm zu kaufen, entwickelten die Kalifornier ihr eigenes "Apple Silicon", wie die Werbestrategen des Konzerns das nennen. Beim iPhone ist man mittlerweile beim A16 angelangt, aber schon die Rechenkerne des Vorvorgängers A14 sind noch heute schneller als alles, was der Wettbewerb bisher für Smartphones zustande gebracht hat. Dabei arbeiten alle mit derselben Grundlage, nämlich dem Prozessor-Design der britischen Firma ARM.

Während ARM-Chips die Smartphone-Welt schon lange beherrschen, ist bei Computern noch immer Intel führend. Auch Apple hatte einige Zeit auf Intel gesetzt. Doch dann präsentierten sie einen auf ARM-Technologie basierenden Chip, genannt M1 für ihre Laptop-Computer. Inzwischen ist man beim M2 angelangt. Der ist stark genug, auch die Profi-Reihe der Macbooks und einen Desktop-Computer anzutreiben. Und das bei geringerem Energieverbrauch.

"Schauen Sie sich das an", begeistert sich Johny Scrouji in einem Labor im neuen Münchner Apple-Gebäude über eine Platine etwa so groß wie ein Smartphone mit dem M2-Prozessor darauf, "dieses kleine Ding ist schneller als größere und lautere Laptops." Das ist auch der Anspruch der Firma, sagt Tim Cook, "Eigenentwicklungen müssen die Produkte besser machen." Ohne Risiko ist das nicht, gibt der Firmenchef zu: "Das sind kühne Wetten, aber wir sind in der Lage, einige kühne Wetten einzugehen." Auch die Gefahr, dass man dabei verzettle und in immer mehr Gebieten tätig werde, schätzt Cook als gering ein: "Wir sind immer noch sehr fokussiert, wir entwickeln Hardware nur dann selber, wenn es uns einen Vorsprung vor der Konkurrenz verschafft."

Die Entwickler in München leisten dazu einen wachsenden Beitrag. Zu den Schwerpunkten hier gehören zum einen Funkeinheiten für die aktuelle Mobilfunktechnologie 5G. Zurzeit arbeitet Apple hier noch mit Qualcomm als Zulieferer. Das Ziel ist aber, auch hier selbständig zu werden. Auch aus München kommt die Technologie fürs Power-Management - also Schaltkreise nahe dem Haupt-Chip, die helfen, dass der Akku von Smartphones und Laptops länger durchhält. So soll etwa auch ein Macbook verzögerungsfrei aus dem Standby-Betrieb aufwachen. Im Vergleich zur Konkurrenz sei das doch "ein Unterschied wie Tag und Nacht", lobt Cook seine Ingenieure.

Dass Apple viele selbst entwickelte Bauteile nutzt, mache zwar einige Dinge in der Lieferkette komplexer, sagte Cook, es löse aber auch einige Probleme. "Es gibt also ein Gleichgewicht, aber wir haben festgestellt, dass dieses Gleichgewicht zu unseren Gunsten ausfällt."

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