Süddeutsche Zeitung

Apple:Showtime in Cupertino

Ein handliches Handy, ein iPad mit Stift - es gibt Neues von Apple. Und zugleich Zweifel daran, ob der Konzern noch genug Innovationskraft mitbringt.

Von Helmut Martin-Jung

Ein neues Jahr, dasselbe Spiel: Apple lädt zu einem special event ein, einem besonderen Ereignis, und schon lange vorher spekulieren Heerscharen von Technik-Journalisten, was der iPhone-Konzern dieses Mal Neues zu bieten haben wird. Anders als früher ist zwar das meiste schon vorab bekannt. Auch dem sehr geheimniskrämerischen Unternehmen aus Cupertino, Kalifornien, gelingt es eben nicht mehr, alles völlig geheim zu halten. Dennoch bleibt das große "Stimmt's, Stimmt's nicht?" eine prächtige Werbemaschine, die Apple keinen Cent kostet.

Als ausgemacht gilt unter den Apple-Propheten, dass am Montagabend deutscher Zeit ein neues iPhone vorgestellt werden sollte, mit dem Namenszusatz SE. Dahinter soll sich ein Handy verbergen, das kleiner ist als die heute üblichen Spitzen-Smartphones von Samsungs Galaxy-S-Reihe bis zu den aktuellen iPhones 6s und 6s plus. Wer sich ein Smartphone wünscht, das auch für kleinere Hände gut zu bedienen ist, aber technisch nicht dem Einsteiger- oder Mittelklasse-Segment zuzurechnen ist, findet derzeit kein Gerät mehr, das diese Anforderungen erfüllt.

Anders als bei den Handys tauschen die Menschen ihr Tablet nicht ständig aus

Das iPhone SE vereint die Größe des iPhones 5 mit einigen wichtigen Ingredienzien aus den aktuellen iPhones und wäre also mindestens ebenso der Vorstoß in eine Marktlücke wie der Versuch, ein Gerät zum Einstieg ins Apple-Produktportfolio anzubieten. Der Verkaufspreis wird einen wichtigen Hinweis liefern, wie der Konzern dies selbst sieht. Apple hatte mit dem iPhone 5c bereits einmal einen Versuch in dieser Richtung unternommen - allerdings ohne durchschlagenden Erfolg. Dem 5c fehlten im Vergleich zum Modell 5s einige wichtige Merkmale, unter anderem der Fingerabdruck-Sensor. Die Verbreiterung des Angebots lässt sich auch als Versuch Apples deuten, den erwarteten Umsatzrückgang im ersten Quartal 2016 aufzufangen. Erstmals seit 13 Jahren erwartet der Konzern keine Steigerung mehr beim Verkauf von iPhones.

Schon seit Längerem hat sich die Konjunktur bei den Tablets abgekühlt. Die Wisch-Computer dienen den meisten als komfortables Zwischendurch-Gerät oder zum Medienkonsum. Ein ähnlicher Druck wie bei Smartphones, wo viele sich schon nach ein, zwei Jahren ein neues Handy anschaffen, hat sich bei Tablets nicht entwickelt. Daran wird auch die erwartete Neuauflage des Tablets in Standardgröße (knapp 25 Zentimeter Bildschirm-Diagonale) kaum etwas ändern. Auffälligste Neuerung: Wie das von Apple im Herbst vorgestellte iPad Pro soll nun auch die kleinere Ausgabe mit einem Stift bedienbar sein - ein Merkmal, das der verstorbene Apple-Gründer Steve Jobs übrigens immer strikt abgelehnt hat. Eine Neuauflage der Computer-Uhr Apple Watch wird nicht erwartet. Sie war vor einem Jahr präsentiert worden. Stattdessen soll es einige neue Armbänder dafür geben sowie möglicherweise eine neue Betriebs-Software.

Wenn Apple nicht wider Erwarten mit einer Überraschung daherkommt, dürften sich nach der Veranstaltung die Stimmen derer mehren, die das Innovationsvermögen des Konzerns in Zweifel ziehen. Schon bei der Vorstellung der bis dato jüngsten iPhone-Generation im Herbst hatte es Kritik in dieser Richtung gegeben. Bestätigt sehen sich die Kritiker auch deshalb, weil die Firma zur Apple Watch noch immer keine Verkaufszahlen veröffentlicht hat. Die Uhr ist die bisher einzige neue Produktkategorie, die Apple seit dem iPad (2010) herausgebracht hat.

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Quelle:
SZ vom 22.03.2016
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