Süddeutsche Zeitung

Apple:Schärfer, immer schärfer

Der US-Konzern Apple präsentiert neue Handys, die inzwischen mit drei Kameras ausgestattet werden. Und Konzernchef Tim Cook macht nun auch Netflix Konkurrenz.

Von Max Hoppenstedt und Simon Hurtz, Berlin

Eine Viertelstunde lang wirkte es so, als habe Apple die Bühne im kalifornischen Cupertino mit einem Messestand auf der Kölner Gamescom verwechselt. Millionen Zuschauer auf der ganzen Welt warteten auf neue Hardware - und Apple begann mit Videospielen. Statt iPhones waren zwei Nerds zu sehen, die dem Publikum bunte Hüpfspiele präsentierten.

Doch dann erinnerte sich Apple an seine Kernkompetenz: gute und teure Gadgets bauen. Die folgenden anderthalb Stunden folgten genau jene Produkte, über die seit Wochen spekuliert worden war: drei neue iPhones, die fünfte Generation der Apple Watch und ein überarbeitetes iPad. Apple-Kritiker werden fragen: Wo bleibt die Innovation? Apple Fans werden sagen: Es ist die Kamera und das Display! Klar ist: Auch ohne große Überraschungen wird Apple viele Milliarden Euro verdienen und Dutzende Millionen Smartphones verkaufen.

Das iPhone 11 Pro ist das letzte Produkt, das Apple-Chef Tim Cook vorstellte - und das wichtigste. Zum ersten Mal gibt Apple einem Smartphone den Zusatz "Pro". Es löst den Vorgänger XS ab und kommt in zwei Größen: 5,8 und 6,5 Zoll. Das größere Modell heißt iPhone 11 Pro Max. Im Zentrum steht die Kamera. Apple verbaut drei Kameras mit unterschiedlichen Brennweiten: Weitwinkel, Ultraweitwinkel und ein Tele-Objektiv. Das ermöglicht vierfachen optischen Zoom und soll das iPhone wieder zum besten Kamera-Smartphone machen. Die Konkurrenz um Google, Samsung und Huawei hatte Apple eingeholt und teils sogar überholt.

Neben der Fotoqualität betonte Apple auch mehrfach die angeblich überragende Videoqualität. Die drei Kameras sollen bei Aufnahmen nahtlos zusammenarbeiten und annähernd professionelle Videos produzieren, die sich direkt auf dem iPhone bearbeiten und produzieren lassen. Dem Bildschirm gibt Apple einen neuen Namen: Super Retina XDR. Das Oled-Display soll schärfer, brillanter und farbtreuer sein als alles Dagewesene. Man kennt das: Jedes Jahr braucht es neue Superlative, nur das Gegenteil wäre überraschend. Dazu soll ein schnellerer und energieeffizienterer Prozessor kommen. Deshalb soll der Akku des iPhone 11 Pro vier bis fünf Stunden länger durchhalten als der des iPhone XS.

Eine Funktion wird dagegen fehlen: 5G. Während Android-Hersteller wie Samsung, Huawei und Oneplus den neuen Mobilfunkstandard bereits unterstützen, müssen sich Apple-Fans bis 2020 gedulden. Aus Marketing-Gesichtspunkten ist das ein Nachteil. Da 5G jedoch Jahre brauchen wird, bis es flächendeckend verfügbar ist, spielt das im Alltag vorerst keine große Rolle. Die Preise bleiben auf dem hohen Niveau der Vorgänger. Komplettiert werden die Geräte-Neuheiten mit einem aufgefrischten Einstiegs-Modell des iPad-Tablets, das unter anderem einen etwas größeren Bildschirm bekam. Außerdem wird in der neuen Apple Watch ein Kompass verbaut

Aber Apple will künftig auch Netflix Konkurrenz machen. Apple-Chef Tim Cook gab Details zu seinen anstehenden Diensten bekannt. So unterbietet der Konzern mit dem Preis seines Videostreaming-Angebots Rivalen wie Netflix. Apple TV+ wird in Deutschland fünf Euro im Monat kosten. Erste Exklusiv-Produktionen sollen vom 1. November an in mehr als 100 Ländern verfügbar sein, kündigte Cook an. Apple verpflichtete für den Dienst unter anderem Hollywood-Stars wie Reese Witherspoon und Jennifer Aniston. Zugleich hatten Branchenbeobachter betont, dass Apple am Anfang eigentlich nur weniger als die Rivalen verlangen könne, weil der Konzern zumindest am Anfang ein schmaleres Inhalte-Angebot haben werde. Netflix etwa kostet in der günstigsten Tarifoption acht Euro im Monat. Apple setzt verstärkt auf Abo-Modelle, während die iPhone-Verkäufe zuletzt zurückgingen. Am Dienstag kündigte der Konzern auch den Start des Spiele-Abos Apple Arcade an, das ebenfalls fünf Euro im Monat kosten wird und am 18. September startet. Die Games von Apple Arcade sollen exklusiv nur bei dem Dienst verfügbar sein.

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SZ vom 11.09.2019
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