Apple-Präsentation:Das nächste kleine Ding

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Das neue iPad mini mit Retina-Display bei der Präsentation (Foto: REUTERS)

Schmaler, leichter, smarter - Apple hat seine iPad-Modelle technisch weiter ausgefeilt. Doch auch in Cupertino weiß man: Um die Konkurrenz in Schach zu halten, reicht das alleine nicht mehr aus.

Von Helmut Martin-Jung

Noch ist es ein Gesetz: Wenn Apple zu einem seiner "Special Events" ruft, laufen die Live-Ticker auf vielen Webseiten heiß, und die Multimedia-Journalisten balgen sich um die besten Plätze für die ersten Videos der neuen Geräte mit der Aufschrift "designed in California". An diesem Dienstag war es wieder so weit: In einer langen Präsentation führten die Apple-Manager durch eine Show neuer Produkte. Apple-Chef Tim Cook ließ dabei in San Francisco keinen Zweifel daran, wen er mit seiner Firma vor allem angreifen will: Microsoft. Gleich mehrmals zeigte er Produkte des Konkurrenten und machte sich darüber lustig. ( den Liveblog von Süddeutsche.de lesen Sie hier)

Die im Vorfeld bereits erwarteten neuen iPad-Modelle sparte man sich bis zum Schluss auf. Wie erwartet, wurden sowohl das größere iPad als auch das iPad mini technisch verbessert. Das große iPad heißt nun iPad Air und ist nur noch 7,5 Millimeter dünn. Einen noch größeren Schritt machte Apple beim kleinen Bruder. Das Mini ist nun viel schneller und hat einen schärferen Bildschirm.

Der Wettlauf um das Weihnachtsgeschäft hat begonnen

Doch Apple war diesmal nicht allein: Nokia machte am Morgen den Auftakt und stellte in Abu Dhabi sein erstes Tablet vor. Und Microsoft brachte die nächste Generation seiner Surface-Tablets in den Handel.

Apple, Nokia, Microsoft - sie stehen alle unter Druck. Der Wettlauf um das Weihnachtsgeschäft hat begonnen.

Dass schnellere und leichtere Geräte alleine reichen werden, um den Marktanteil gegen die immer stärker werdende Konkurrenz von Android, aber auch von Microsoft zu behaupten, lässt sich aber bezweifeln. Denn die Konkurrenz hat den gewaltigen technischen Vorsprung, den Apple zu Beginn hatte, inzwischen weitgehend aufgeholt.

Scharfe, helle Bildschirme? Können auch andere, manche auch besser. Dünne Bauformen? Sind inzwischen Standard. Viel Rechenkraft? Bieten alle Topmodelle. Die Reihe ließe sich fortsetzen. Andere Hersteller haben sogar erfolgreich Techniken eingeführt, die sich auf dem iPad nicht gleichwertig umsetzen lassen: Samsungs Galaxy Note genannte Tablets etwa kommen mit einem Stift, mit dem sich nicht nur malen lässt, sondern der auch eine Reihe interessanter Zusatzfunktionen bietet.

Diese Entwicklung drückt sich auch in Zahlen aus: Die Verkäufe von iPads gingen zurück, die von Geräten mit Googles Android-Betriebssystem schossen in die Höhe. Nach Zahlen der Marktforschungsfirma Strategy Analytics wurden im zweiten Quartal dieses Jahres 14,6 Millionen Apple-Tablets verkauft, aber 34,6 Millionen Android-Geräte. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres sah es noch so aus: Apple 17 Millionen, Android 18,5.

Der große Sprung der Android-Fraktion hat eine Reihe Ursachen. Zum einen werfen natürlich No-Name-Hersteller Billiggeräte auf den Markt, die sich kaum mit einem iPad oder einem hochwertigen Android-Tablet vergleichen lassen. Google verbessert außerdem ständig das Betriebssystem, das mittlerweile sehr leistungsfähig geworden ist. Und schließlich setzt auch der Internethändler Amazon für seine Bestseller-Tablets Kindle Fire Android ein. Interessant zudem: Die Tablets verkauft Amazon zu Kampfpreisen hart an den Selbstkosten, das Geld sollen die Inhalte - E-Books, Musik, Filme - bringen.

Seitenhieb auf Microsoft

Damit gerät auch einer der Grundpfeiler von Apples System aus hübscher Hardware, konsistenter Nutzeroberfläche und ausgefeiltem Inhalteangebot unter Druck. Das hat man in Cupertino, dem Hauptsitz von Apple, ganz offenbar sehr ernst genommen. Beliebte Apps, die bisher nur zu kaufen waren, die Sammlungen iLife und iWorks, gibt es nun kostenlos. Apple ging sogar soweit und kündigte an, das neue Betriebssystem für Mac-Computer, Mavericks, zu verschenken. Dies übrigens nicht ohne einen weiteren hämischen Seitenhieb auf Microsoft, das für Windows 8.1 von Endkunden mindestens 80 Euro verlangt. Davon wollte sich Apple ganz bewusst abheben. Die Hoffnung ist natürlich, dass sich die Kunden dadurch verstärkt der Apple-Plattform zuwenden und mit dem Kauf von Hardware sowie anderen Apps Geld in die Kassen bringen.

Apple zeigte außerdem neue Laptops seiner Reihen Macbook Air und Macbook Pro, die allesamt mit neuem Innenleben glänzen. Technisch sehr interessant der neue Mac Pro, der vor allem für leistungshungrige Anwender wie etwa Film-Cutter in Frage kommt.

Auch Microsoft darf man aber noch nicht abschreiben. Kurz vor Apple hat auch der Microsoft-Partner Nokia seine ersten Tablets mit dem neuen Windows 8.1-Betriebssystem vorgestellt - sowie eine ganze Reihe neuer Apps. Das Tablet soll zunächst nur in Finnland, den USA und Großbritannien auf den Markt kommen. Die Finnen, deren Gerätesparte demnächst von Microsoft übernommen wird, haben es sicher im Moment schwer, so viel Aufmerksamkeit zu erhalten wie früher. Doch Windows-Tablets sind zumindest für Firmen eine interessante Option, lassen sie sich doch ähnlich verwalten wie Schreibtisch-PC und Laptops.

Womit Microsoft bisher noch nicht dienen kann, sind kleine Tablets. Apple hatte sich ja entschieden, der Meinung des verstorbenen Mitgründers Steve Jobs, der ein kleineres Format ablehnte, nicht zu folgen und das iPad mini entwickelt. Dieses verkauft sich mittlerweile besser als die großen iPads. Kein Wunder also, dass Apple nun genau hier weiter voranpreschen will. Das neue Gerät, das es ab 389 Euro geben wird, dürfte zu den besten Geräten in seiner Klasse zählen und ist preislich konkurrenzfähig. Wenn Apple zu einem seiner Events ruft, wird das also sicher noch länger Gehör finden.

© SZ vom 23.10.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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