Süddeutsche Zeitung

Apple Pay:Wie eine virtuelle Kreditkarte

Internetkonzerne geben beim kontaktlosen Zahlen die Richtung vor. Das setzt Banken unter Druck.

Von Norbert Hofmann

Ein Blick ins Handy genügt zur Legitimierung. Wer den digitalen Bezahldienst des US-Konzerns Apple an der Ladenkasse nutzt, muss dort nicht erst seine PIN-Nummer eingeben. Bei Apple Pay entsperrt der Kunde einfach sein Smartphone für das Bezahlen durch Gesichtserkennung oder einen Fingerabdruck und zahlt per Handy.

Ob bei Aldi, Edeka oder Lidl, ob bei McDonald's, Tchibo oder in Bekleidungsläden wie C&A und Esprit: Apple Pay ist überall dort einsetzbar, wo sich das Logo des Bezahldiensts oder das Wellensymbol für kontaktloses Zahlen befindet. Der Service ist international präsent und hat bereits Kooperationspartner in 27 Ländern. Digitale Bezahldienste wie Apple Pay oder Google Pay, das auf Android-Smartphones läuft, sind auf dem Vormarsch. "Die US-Technologiegiganten haben aufgrund ihrer Infrastruktur sowie der Kundenbasis einen enormen Vorsprung und deshalb auch überdurchschnittliches Potenzial für die Verbreitung ihrer Bezahlmethoden", sagt Volker Brühl, Geschäftsführer des Center for Financial Studies (CFS) an der Universität Frankfurt.

Sparkassen und Banken haben zwar auch eigene Bezahl-Apps ins Rennen geschickt. Da sie aber nur auf Android-Smartphones laufen, sehen sich die Geldhäuser oft zu ergänzenden Angeboten gezwungen. Die Sparkassen und genossenschaftlichen Banken werden daher noch in diesem Jahr Apple Pay anbieten. Große Geldhäuser wie die Deutsche Bank und die HypoVereinsbank haben den Deutschland-Start von Apple Pay im Dezember 2018 vom Start weg begleitet.

Das Verfahren funktioniert im stationären Handel mit den Geräten des Herstellers wie iPhones oder Apple Watch, bei Internetkäufen auch mit iPads und auf jedem Mac. "Weil sich Verbraucher ebenso wie Unternehmen beim Zahlen schnelle Abläufe wünschen, wird das Interesse am Bezahlen mit dem Smartphone weiter zunehmen", sagt Petra Wünsch, Leiterin im Bereich Produktmanagement von der HypoVereinsbank. Damit es funktioniert, wird in der Bezahl-App die Kreditkarte hinterlegt. Apple Pay ist also quasi eine virtuelle Kreditkarte - die Kreditkartendaten sind dabei weder auf dem Handy noch auf den Apple Servern gespeichert, versichert Wünsch.

Für das kontaktlose Bezahlen haben sich viele Händler bereits gewappnet. Mehr als 70 Prozent aller Terminals sind für die Nahfunktechnik zur Übertragung der Zahldaten auf kurze Distanz gerüstet. "Für das Smartphone-Payment ist dafür keine zusätzliche Aufrüstung notwendig", sagt Wünsch. Händler freuen sich über geringeren Personalaufwand und kommen gleichzeitig den Wünschen der Kunden entgegen. "Wer sich nicht darauf einstellt, muss mit Nachteilen rechnen", sagt Volker Brühl. Er geht davon aus, dass dem Mittelstand zwei bis drei Jahre Zeit für die Anpassung bleiben. Auch der FC Bayern München ermöglicht seinen Zuschauern das Zahlen mit iPhone oder Apple Watch. Die HypoVereinsbank hat dazu rund 250 Kartenterminals in der Allianz Arena installiert. Die Bank berät auch mittelständische Unternehmen zu Bezahllösungen am Ort oder im Internet. "Wir beziehungsweise die von uns beauftragten Dienstleister statten unsere Kunden auch mit auf den individuellen Bedarf ausgerichteten Terminals aus", sagt Wünsch.

Das Kundeninteresse wächst. "Seitdem wir Apple Pay anbieten, ist die Zahl der kontaktlosen Bezahlvorgänge deutlich gestiegen", so Wünsch. Kunden wenden das Bezahlverfahren etwa auch im Personennahverkehr des Münchner Verkehrsverbunds an. Und wer sich per Smartphone in der Flixbus-App die passende Verbindung für eine Busreise aussucht, kann dort das Ticket ebenfalls mit Apple Pay bezahlen. Zufrieden mit dem Kundeninteresse zeigen sich auch kleinere Banken, die das Verfahren des Apple-Konzerns ebenfalls seit dem Dezember 2018 anbieten. Georg Hauer von der Smartphone-Bank N26 sagt, dass mobiles Bezahlen für viele seiner Kunden schon jetzt im Alltag sehr wichtig und mitunter ein Grund ist, sich für N26 entschieden zu haben. "Es ist vor allem für das Bezahlen kleinerer Beträge sehr beliebt", sagt er. Auch die Direktbank comdirect ist mit dem Start zufrieden. "Wir verzeichnen mittlerweile eine sechsstellige Anzahl an Nutzern von Apple Pay", berichtet Marketing- und Vertriebsvorstand Matthias Hach. Er verweist zudem auf die ebenfalls gute Resonanz auf das seit Ende Juni 2018 angebotene Konkurrenzprodukt Google Pay. "Mehr als 60 Prozent derjenigen, die es aktiviert haben, nutzen es mehr als fünfmal im Monat", betont er.

Banken wie N26 und comdirect bieten die Bezahlverfahren beider US-Giganten an. Auch andere Geldhäuser können auf Dauer kaum darauf verzichten. Denn Apple spielt seine Macht aus, indem der Konzern seine Produkte für andere Systeme sperrt. "Wir haben uns für Apple Pay auch deshalb entschieden, weil unsere Kunden überproportional häufig Apple-Geräte nutzen", sagt Wünsch. Außerdem habe die eigene Marktanalyse gezeigt, dass diese Nutzer besonders affin für das Bezahlen mit Smartphone sind.

Der Tech-Gigant mit dem Apfel hat erkannt, dass er mit dem Bezahlverfahren gut verdienen kann. Für die Banken allerdings ist das auch mit Verzicht verbunden. Bei Kreditkartenzahlungen erhalten sie üblicherweise bis zu 0,3 Prozent des Umsatzes. Bei den Bezahlungen mit Smartphone müssen sie rund die Hälfte davon an Apple Pay abgeben. "Für die Banken wird damit der Margendruck noch größer", sagt Brühl.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4615512
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 27.09.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.