Apple gegen Samsung:Auswirkungen eines Patentstreits

Es ist ein Etappensieg im Kampf um einem boomenden Milliardenmarkt. Aus dem Patentprozess in den USA geht Apple als Sieger hervor. Reicht die Signalwirkung des Urteils bis nach Deutschland? Und steigen jetzt die Preise? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Julia Weber und Pascal Paukner

Als ein amerikanisches Geschworenengericht am vergangenen Freitag das Urteil in der bislang größten juristischen Auseinandersetzung zwischen den Technologie-Unternehmen Apple und Samsung verkündet, schauen Branchenexperten aus der ganzen Welt nach San Jose in Kalifornien. Viele erwarten sich eine Signalwirkung in einem juristischen Streit, der inzwischen auf der ganzen Welt geführt wird, und der an Schärfe zunimmt. Nun, nachdem Apple mit einer Milliardenstrafe gegen Samsung ein erstes Ziel erreicht hat, fragen sich viele, welche Auswirkungen das Urteil aus USA auf Deutschland hat. Hier die Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Streit zwischen Apple und Samsung

Apple und Samsung kämpfen weltweit um die Vorherrschaft auf dem Smartphone-Markt. Über die Auswirkungen des amerikanischen Urteils auf andere Märkte wird derzeit spekuliert.

(Foto: dapd)

Welche Auswirkungen hat das amerikanische Urteil auf die Auseinandersetzungen zwischen Apple und Samsung in Deutschland?

Die Auswirkungen für den deutschen Markt dürften eher gering sein. "Das Urteil aus Kalifornien hat in Deutschland keine direkten Rechtswirkungen. Das bedeutet, dass Apple ein Verkaufsverbot für Samsung-Produkte, die Apple-Patente verletzen, erst in Deutschland erstreiten müsste", erklärt Patentanwalt Christian Solmecke. Grundsätzlich gilt: Das von Apple in den USA angestrebte Vertriebsverbot kann nur den Verkauf von Samsung-Produkten in den USA verhindern. Bereits verkaufte Samsung-Produkte können den Käufern nicht aus der Hand gerissen werden. Für Besitzer zum Beispiel eines Galaxy-Handy ändert sich nichts. Hamsterkäufe aus Angst, dass die Samsung-Produkte nun aus den Regalen genommen werden könnten, kann Samsung laut eigenen Angaben bisher nicht erkennen. Objektive Verkaufszahlen sind für einen so kurzen Zeitraum nicht verfügbar.

Wie geht der Patentstreit in Deutschland weiter?

In wenigen Wochen geht die Auseinandersetzung vor dem Landgericht Düsseldorf in die nächste Runde. Dort hatte Apple im Februar in einem Eilverfahren eine Niederlage einstecken müssen. Daraufhin war das US-Unternehmen vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf in Berufung gegangen und erzielte einen Teilerfolg: Die Richter sprachen einen europaweiten Verkaufsstopp für Samsungs Tablet-Computer Galaxy Tab 7.7. aus. Ein Verkaufsverbot für das Galaxy Tab 10.1 N lehnte das Gericht aber ab. Endgültig entschieden wird über den Fall vor dem Düsseldorfer Landgericht vom 25. September an. Apple wirft Samsung vor, das Aussehen seiner Produkte zu kopieren.

Für den 23. Oktober ist vor demselben Gericht ein weiterer Prozess angesetzt, in dem Apple Vertriebsstopps für zehn Samsung-Smartphones erwirken will.

Wie groß ist der finanzielle Schaden für Samsung?

Auch wenn die Summe von 1,05 Milliarden US-Dollar (circa 839 Millionen Euro) auf den ersten Blick gewaltig erscheint, nachhaltig schwächen wird sie den koreanischen Konzern nicht. In den ersten beiden Quartalen des Jahres konnte Samsung jeweils Rekordgewinne vermelden. Allein im zweiten Quartal waren es nach Steuern 3,7 Milliarden. Das Geschäft mit den Galaxy-Smartphones läuft hervorragend. Mit Absatzzahlen von 52 Millionen ausgelieferten Geräten pro Quartal liegt Samsung inzwischen deutlich vor dem Herausforderer Apple. Allerdings haben die Koreaner auch wesentlich mehr Geräte in unterschiedlichen Preiskategorien auf dem Markt.

Der Aktienwert des südkoreanischen Unternehmens hat indes stark gelitten. Am Montag war der Wert der Samsung Aktie um fast acht Prozent eingebrochen. Der Börsenwert von Samsung war damit vorübergehend um rund 10 Milliarden Dollar gesunken. Am Dienstag konnte sich die Aktie um 1,27 Prozent erholen. Apple machte hingegen am Montag ein Plus von etwa drei Prozent und markierte damit ein Allzeithoch von 680,87 Dollar pro Aktie. Apple war damit insgesamt rund 633,4 Milliarden Dollar wert.

Steigen jetzt die Preise für Smartphones?

Samsung versuchte nach der Entscheidung des Geschworenengerichts die Kunden als Leidtragende des Urteils zu inszenieren. In einer Stellungnahme teilte das Unternehmen mit, die Gerichtsentscheidung werde zu "weniger Auswahl", "weniger Innovation" und "potentiell höheren Preisen" führen. Ob das mehr als ein PR-Schachzug ist, um Apple bei den Verbrauchern in ein schlechtes Licht zu rücken, bleibt abzuwarten.

Klar ist, dass Samsung durch den verlorenen Prozess Kosten entstehen, die das Unternehmen kompensieren muss. Mittelfristig dürften für Samsung vor allem höhere Lizenzzahlungen den Kostendruck erhöhen. Je mehr Apple-Patente vor Gerichten bestätigt werden, desto mehr Geld muss Samsung bei Verwendung dieser Technologien an den Rivalen Apple abführen. Das Wall Street Journal schreibt in diesem Zusammenhang von einer "Apple-Steuer", die Samsung nun zu entrichten habe.

Wird sich der Absatz von Samsung- oder Apple-Produkten verändern?

Wahrscheinlich wird sich der Absatz von Apple- und Samsung-Produkten nicht verändern. Patentanwalt Christian Solmecke erklärt: "Bei solchen Verfahren geht es nicht um Patentverletzungen durch alle Samsung-Produkte, sondern einzelner Modelle. Üblicherweise streiten sich Unternehmen über einzelne Produkte, die bereits von neueren Produkten überholt sind. Das Recht kommt einfach nicht hinterher."

Im amerikanischen Verfahren hat Apple Patentverletzungen bei 28 Samsung-Modellen bemängelt, darunter vier Varianten des Telefons Galaxy S2, das bereits von dem Nachfolgemodell S3 abgelöst wurde. Zwar stellt das Galaxy S2 für Samsung-Kunden immer noch eine günstigere Alternative als das S3 da, im Grunde ist das Modell aber überholt. Viele der betroffenen Samsung-Geräte spielen am Markt keine Rolle mehr, da die Klage von Apple bereits aus dem Jahr 2011 stammt. Auch für den deutschen Markt rechnet Samsung nur mit "beschränkten" Auswirkungen durch das US-Urteil.

Könnte sich der Patentstreit noch weiter zuspitzen?

Ja. Apple geht aus dem Prozess in San Jose gestärkt hervor. Bereits unmittelbar nach dem Urteil in USA hat das Unternehmen Verkaufsverbote für acht Samsung-Geräte beantragt. Wie Apple nun weiter verfahren wird, ist zwar noch unklar, tendenziell dürfte es aber auch in anderen Ländern vermehrt zu Gerichtsverfahren kommen.

Dass Apple - ähnlich wie mit Microsoft - mit Samsung eine Vereinbarung schließt, die den Streit beendet, erscheint unwahrscheinlich. Während der Verhandlung in Kalifornien standen sich die Kontrahenten unversöhnlich gegenüber. Um Apples Kampesflust zu erklären, bemühen Beobachter immer wieder ein Zitat des Apple-Gründers Steve Jobs. Dieser hatte kurz vor seinem Tod gesagt, er sei bereit, einen "thermonuklearen Krieg" auszulösen, um Googles Betriebssystem Android zu zerstören. Samsung setzt auf seinen Mobilgeräten fast ausschließlich auf Android und trägt damit massiv zur Verbreitung des Systems bei.

In US-Medien wird spekuliert, Apple könne nach dem Etappensieg nicht nur Samsung, sondern auch andere Konkurrenten ins Visier nehmen. Das Wirtschaftsblog Business Insider vermutet etwa, dass nun auch eine Auseinandersetzung zwischen Amazon und Apple droht, weil sich die Unternehmen in immer mehr lukrativen Geschäftsfeldern in die Quere kommen.

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