Süddeutsche Zeitung

Apple-Chef:Homosexualität als größtes Geschenk

Tim Cook outet sich in einem Magazinbeitrag als schwul. Öffentlich über die eigene Homosexualität zu sprechen, ist immer noch ein bemerkenswerter Schritt. Gerade für einen Chef, der das Gesicht des Unternehmens ist.

Von Varinia Bernau

Amerikaner lieben Pathos. Deshalb begnügte sich Tim Cook nicht mit einem "Und das ist auch gut so". Stattdessen schrieb der Apple-Chef nun in einem Beitrag für die Internetseite des Magazins Bloomberg Businessweek: "Ich bin stolz, schwul zu sein, und ich sehe es als eines der größten Geschenke an, die Gott mir gegeben hat."

In der Welt der Wirtschaft sind Schwule selten. Oder genauer gesagt: Schwule, die öffentlich darüber sprechen, sind selten. John Browne war bis vor sieben Jahren der erste und bis jetzt der einzige Chef von einem der 500 umsatzstärksten Unternehmen der Welt, dessen Homosexualität publik wurde. Das Coming-Out des damaligen BP-Chefs war ein unfreiwilliges. Er trat daraufhin zurück. Später erst sprach er darüber, wie belastend es gewesen sei, ein Doppelleben zu führen - und welch ein Akt der Erlösung, die Wahrheit auszusprechen. Wenn Manager heutzutage twittern oder in großer Runde erzählen, dass sie in einer Band spielen, um ihre Teamfähigkeit zu betonen, dann inszenieren sie Intimität lediglich. Persönliches geben sie so nicht preis. Und am traditionellen Bild eines Managers rütteln sie damit ebenso wenig.

Deshalb ist ein öffentliches Coming-Out noch immer ein bemerkenswerter Schritt. Auch für einen wie Tim Cook. Gewiss, in der Technologiebranche ist die Kultur eine tolerantere als in einer Bank oder in einem Autokonzern, wo starke Männer Karriere machen. Solche also, die nicht nur im Büro alles geben und in ihrer Freizeit dann noch Marathon laufen, sondern eben auch eine adrette Ehefrau mit zu Empfängen bringen. Hinzu kommt: Ein Chef ist immer auch das Gesicht eines Unternehmens. In diesem Fall eines Unternehmens, das weltweit Geschäfte machen will und derzeit sogar Geschäftsbeziehungen mit Iran vorbereitet - für den Fall, dass das für das streng muslimische Land geltende Handelsembargo bald aufgehoben wird.

Warum also? Er hoffe, andere zu bestärken, schrieb Cook in dem Beitrag, den er selbst angeregt hat. "Wir ebnen zusammen den sonnenbeschienenen Weg zur Gerechtigkeit, Stein für Stein. Das ist mein Stein."

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Quelle:
SZ vom 31.10.2014
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