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Kreditkarte:Die Apple Card kann gar nicht mal so viel

Lesezeit: 2 Min.

Von Nils Wischmeyer, Köln

Manchmal muss man übertreiben, um zu überzeugen. "Die größte Innovation im Kartengeschäft seit 50 Jahren" nannte Apple-Chef Tim Cook die neue Kreditkarte von Apple und Goldman Sachs. Der Chef der Bank David Solomon sagte, die Kooperation werde "das komplette Erlebnis einer Kreditkarte" verändern. Doch dann war das, was die beiden so anpriesen, doch irgendwie nicht viel mehr als eben genau das: eine stinknormale Kreditkarte, 85,60 Millimeter lang und 53,98 Millimeter breit, mit einem angebissenen Apfel drauf und ein paar Extras drin. Ausgerechnet diese altgediente Idee soll Apples nächster Schritt hinein in die Finanzwelt sein?

Zunächst zu den Fakten. Die Apple Card kommt in Kooperation mit Goldman Sachs und Mastercard auf den Markt, zunächst in den USA. Es wird sie sowohl in physischer als auch in virtueller Form geben, die physische Karte wird aber keine Nummer und keinen Sicherheitscode tragen. Beides wird in der Apple Wallet gespeichert, der virtuellen Geldbörse auf dem iPhone. Die Karte soll zudem keine Gebühren kosten und im Ausland kostenfrei nutzbar sein.

Als netten Bonus schenkt Apple seinen Nutzern bei jedem Einkauf ein bis drei Prozent Cashback. Für jeden Einkauf gibt es also einen Teil des Umsatzes zurück. In der Geldbörse auf dem iPhone können Nutzer zudem sehen, wann sie in welchem Laden wie bezahlt haben und so besser nachvollziehen, wo das Geld geblieben ist.

Wirklich revolutionär ist das alles nicht. Das Cashback-Programm gibt es - teils sogar mit höherem Prozentsatz - bereits bei anderen Anbietern. Auch die Frage nach der Transparenz haben andere Banken oder Dienstleister wie Paypal längst ähnlich gelöst. Es stellt sich daher durchaus die Frage, wie Apple sich mit seiner Karte durchsetzen will. Gegen die Angebote von Banken, Finanzinstitutionen und Fintechs anzukommen, dürfte nicht einfach sein - trotz der anhänglichen Fans des Konzerns. Apple wird daher insbesondere auf Datenschutz setzen. Der Konzern versucht damit bereits seit einigen Monaten gegenüber anderen Tech-Konzernen zu punkten und betont, dass er keine Datenkrake sein wolle und die Daten nicht an Dritte weitergeben oder zu Werbezwecken nutzen werde.

Wie will Apple mit der Kreditkarte Geld verdienen?

Für den Konzern ist die Einführung der Apple Card der nächste Schritt, um Kunden noch stärker an seine Produkte und das eigene Ökosystem zu binden - und ein weiterer Schritt hinein in den Finanzsektor. Seit Dezember können Apple-Kunden mit dem eigenen Bezahldienst Apple Pay mit dem Smartphone und online bezahlen. Ob und wie viel Apple an den Karten verdienen wird, ist jedoch noch unklar. Im Prinzip gibt es zwei mögliche Geschäftsmodelle. Da ist zum einen die Beteiligung an den Kreditkartengebühren: Wenn ein Kunde eine Hose mit seiner Kreditkarte bezahlt, muss der Händler einen gewissen Betrag an die jeweilige Bank zahlen. Davon könnte Apple einen Teil abbekommen. Zum anderen könnten Goldman Sachs und Apple über die Finanzierung Geld verdienen. Anders als etwa in Deutschland werden Kreditkarten in den USA am Monatsende nicht zwangsweise auf Null gesetzt. Stattdessen kann der Kunde einen Betrag X auf der Karte lassen und dafür einen Kredit aufnehmen. Im Normalfall verdient daran die kartenausgebende Bank. Wie Apple und Goldman Sachs das regeln werden, haben beide Firmen bisher nicht preisgegeben.

Für Goldman Sachs ist die Kooperation mit Apple eine Premiere. Jahrelang hatte sich die Investmentbank ausschließlich auf ihr Kerngeschäft fokussiert. In jüngster Vergangenheit aber expandierte die Bank recht aggressiv im Endkundengeschäft und hat mit "Marcus" eine Online-Banking-Plattform gestartet, die künftig auch nach Deutschland kommen soll. Zusammen mit Apple treibt Goldman Sachs seine Strategie der Modernisierung nun konsequent voran und hält sich die Möglichkeit offen, schon bald in andere Länder zu expandieren - auch wenn das Angebot bislang nur in den USA verfügbar ist.

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Quelle:
SZ vom 27.03.2019
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