Süddeutsche Zeitung

Software:Apple will alternative App Stores zulassen

Der App Store von Apple ist für iPhone- und iPad-Nutzer bislang die einzige Möglichkeit, Apps herunterzuladen. Das soll sich nun ändern. Was das für den Konzern und die Kunden bedeutet.

Von Helmut Martin-Jung

Apple plant offenbar einen größeren Umbau seiner Software für iPhones und iPads. Auf den Geräten sollen Nutzer zumindest in Europa künftig auch Apps außerhalb des von Apple betriebenen App Stores herunterladen können, berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf Insider. Apple hatte sich lange dagegen gewehrt, andere Anbieter zuzulassen. Warum Apple das nun doch macht und was es für die Nutzer bedeutet.

Warum ändert Apple seine Unternehmenspolitik?

Der Konzern wird von der EU dazu gezwungen. Der "Digital Markets Act" (DMA) verpflichtet Unternehmen ab einer bestimmten Größe, Drittanbietern Zugang zu gewähren. Das bezieht sich auf das Herunterladen von Apps genauso wie auf den Zugriff auf zentrale Funktionen, zum Beispiel auf die Bezahlfunktion. Der DMA tritt zwar schon 2023 in Kraft, es gilt aber eine Übergangsfrist bis 2024. Würde Apple sich dann nicht daran halten, drohen dem Konzern Strafen in zweistelliger Milliardenhöhe.

Warum hat sich Apple solange dagegen gewehrt?

Der Hauptgrund ist Geld. Dafür, dass Apple den App Store betreibt, die eingereichten Apps auf Sicherheitsmängel überprüft und die Abrechnung übernimmt, verlangt der Konzern von den App-Entwicklern eine Gebühr in Höhe von 15 bis 30 Prozent der Einnahmen. Ihnen ist es zudem nicht erlaubt, sogenannte In-App-Verkäufe abseits von Apples App Store anzubieten. Das gibt es oft bei Apps, deren Grundfunktionen sich kostenlos nutzen lassen. Wer dagegen erweiterte Funktionen nutzen will, muss dafür bezahlen.

Was spricht für Apples Kontrolle über den App Store?

Apple überprüft alle Programme, die Hersteller für den App Store einreichen, auf Sicherheitslücken. Das funktioniert - wie alles in der IT-Sicherheit - nicht zu 100 Prozent, bei Apple sind aber bisher nur wenige größere Fälle von Apps mit Sicherheitslücken aufgetaucht. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich Apple diese Sicherheitskontrolle auch künftig vorbehält und dafür eine Gebühr von den Anbietern verlangt - auch wenn diese dann nicht in Apples App Store, sondern bei einem Konkurrenten zum Herunterladen angeboten werden.

Was spricht gegen die Torwächter-Funktion von Apple?

Zum einen gibt es finanzielle Gründe: Die 15 bis 30 Prozent der Einnahmen, die Apple von App-Entwicklern kassiert, sind ein ganz schöner Batzen. Das macht es kleineren Anbietern schwer, Fuß zu fassen. Viele, auch große, sehen zudem nicht ein, wieso sie die Gebühr auch für In-App-Käufe bezahlen sollen. Da Apple aber bislang der einzige App-Store-Anbieter für Apple-Geräte ist, haben sie keine Wahl. Sie müssen also entweder die Bedingungen von Apple schlucken oder aber sie kommen mit ihren Apps nicht auf Apple-Geräte.

Zum anderen kann Apple auch kontrollieren, welche Apps es zulassen will oder nicht. In autoritär regierten Staaten wie China tauchen deshalb bestimmte Apps nicht im App Store auf oder verschwinden daraus, wenn sie dem Regime missfallen. Aber auch in demokratischen Staaten gibt es Diskussionen, zuletzt etwa wurden Bedenken von Apple gegen die Twitter-App bekannt, weil der neue Eigentümer Elon Musk viele zuvor ausgesperrte Nutzerinnen und Nutzer vor allem aus dem rechten Lager wieder zugelassen hatte.

Was ändert sich für die Nutzer?

Wenn die Pläne umgesetzt werden, werden Nutzer künftig die Möglichkeit haben, Apps auch von anderen Anbietern herunterzuladen. Da die Anbieter dann vermutlich keine so hohe Gebühr mehr zahlen müssen, könnten Apps auch etwas günstiger werden. Über Pläne, welche alternativen Stores zugelassen werden könnten, ist bis jetzt noch nichts bekannt. Denkbar wäre etwa, dass sich Spielehersteller zusammenschließen.

Wie ist es bei Googles Android?

Google betreibt zwar den einzigen App Store, der auf Android-Smartphones - zusammen mit vielen anderen Google-Apps - vorinstalliert ist. Es gibt jedoch alternative Stores wie etwa F-Droid, oder Hersteller bieten Installationsdateien direkt im Web zum Herunterladen an. Um solche Apps zu installieren, muss man in Android eine Sicherheitsschranke öffnen. Dies wird aber automatisch angezeigt, wenn man eine App abseits vom Google Play Store installieren will und lässt sich auf eine einmalige Installation beschränken, sodass das Sicherheitsrisiko beherrschbar bleibt. Die meisten Nutzer aber nutzen Googles Play Store, weil sie andere Möglichkeiten gar nicht kennen oder sich den Aufwand ersparen wollen.

Was bedeutet die Änderung für Apple?

Apple muss seine Software ziemlich grundlegend anpassen, um dem DMA gerecht zu werden. Wie Bloomberg berichtet, sollen die Änderungen zunächst nur in der EU wirksam werden, aber auch im Heimatmarkt USA gibt es Bestrebungen, Apples Dominanz über den App Store zu brechen. Finanziell dürfte Apple die Sache verkraften, die App-Store-Einnahmen aus der EU machen Bloomberg zufolge lediglich zwei Prozent des Gesamtumsatzes aus. Bei einem Gesamtumsatz von knapp 400 Milliarden Dollar im Geschäftsjahr 2022 wären das aber immer noch knapp acht Milliarden Dollar.

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