Süddeutsche Zeitung

Anti-Mücken-Mittel:Die nackte Haut retten

Die Mücken sind los, jetzt nach dem Regen und der Flut. Abwehrmittel gegen die Plagegeister sind zeitweise sogar ausverkauft. Welche Hersteller gut vom Stechen leben.

Von Helga Einecke

Die Mücken sind los. Sie schlüpfen in Scharen und stechen gnadenlos zu. Das feuchte Frühjahr, das Hochwasser, die Erwärmung stehender Gewässer, so entstand die perfekte Mixtur für die Plage. Es gibt Abhilfe. Weite, helle Kleidung, die dicht abschließt, schützt. Auch Fliegengitter oder Moskitonetze halten die lästigen Tiere fern. Die nackte Haut allerdings rettet nur: Einreiben. Etliche Hersteller von Mückenmitteln leben derzeit gut vom großen Stechen.

In einigen Drogerien und Apotheken der von der Plage besonders betroffenen Regionen leeren sich die Regale schnell. "Es kann vorkommen, dass einzelne Filialen ausverkauft sind", sagt eine Sprecherin der Drogeriekette Rossmann. Aber der Nachschub sei gesichert. Im Juni habe man doppelt so viel Mückenmittel verkauft wie im Vorjahresmonat. Auch Josef Kammermeier, Apotheker in Regensburg, berichtet von starker Nachfrage. Engpässe gebe es aber nicht, versichert auch er. Ähnlich äußern sich auch die Pharmagroßhändler, die die Apotheken beliefern.

Die größten Umsatzbringer sind die Marken Autan und Anti Brumm. Sie enthalten die chemischen Wirkstoffe Icaridin und Diethyltoluamid (DEET). Chemische Keulen also, vor zu hohen Dosierungen wird gewarnt, sie können Augen und Schleimhäute reizen. Deshalb gibt es die Mittel in unterschiedlicher Stärke für die Haut und für die Kleidung.

Aus den Regalen vertrieben wurden sie nicht, ganz im Gegenteil. Denn Alternativen gibt es kaum. Und seit die EU einen Wirkungsnachweis für Mückenmittel verlangt, seien die beiden chemischen Mittel der Goldstandard der Branche, erläutert Kammermeier. Das Angebot an natürlichen Mitteln habe sich mangels Wirksamkeit sichtlich ausgedünnt. Ätherische Öle wie Lavendel, Citronella, Palmerosa oder Nelken halten die Mücken höchstens wenige Stunden ab, können zudem Allergien hervorrufen.

Verkaufsrenner und Eigenmarken

Hans-Peter Brix, Mitarbeiter der Stiftung Warentest, hat die am meisten verkauften Mittel 2010 unter die Lupe genommen. Sein Urteil fällt milde aus. Die meisten der getesteten Repellents wirken gegen gewöhnliche Hausmücken zuverlässig. Wer aber in die Tropen fährt, muss wegen der möglichen Übertragung von Malaria und Gelbfieber spezielle Maßnahmen ergreifen. Gefährliche Krankheitsüberträger, wie die asiatische Tigermücke, sind inzwischen auch in Teilen Europas heimisch geworden. Als Testsieger erwies sich damals Anti Brumm, wovon der Hersteller noch heute profitiert. Vertreiber des Schweizer Mittels in Deutschland ist die Firma Hermes.

Das Mückenmittel schlechthin in Deutschland und Europa ist aber weiterhin Autan. Anbieter war von 1958 bis 2003 der Chemiekonzern Bayer, der sich 2003 von der Marke trennte und sie an den amerikanischen Hersteller S.C. Johnson verkaufte. Absatzzahlen oder Marktanteile wollen die beiden führenden Anbieter nicht nennen. Experten schätzen den deutschen Markt für Mückenmittel auf drei bis vier Millionen Stück pro normalem Jahr - ein Umsatzvolumen von 25 bis 50 Millionen Euro. Vertriebskanäle sind die Discounter, Baumärkte, Drogerien und Apotheken. Manche Handelsketten verkaufen auch Eigenmarken, wie zum Beispiel Rossmann das Mittel Zeckito.

Die Chemiefirma Merck bietet einen weiteren Wirkstoff namens IR 3535, der auf der Aminosäure ß-Alanin basiert. Er ist in weniger bekannten Mitteln wie Ballistol, Hagopur oder Parazeet enthalten, wird von der Firma als weniger giftig als DEET beworben. Generell ist der deutsche Markt immer nur ein Teilaspekt für die Pharmaunternehmen. Wesentlich mehr Mengen lassen sich in den tropischen Ländern absetzen. Auch sind die Vorlieben, vor allem für Hautlotionen mit bestimmten Geruchszusätzen, von Land zu Land unterschiedlich. Tropenärzte empfehlen häufig das Mittel Nobite (deutsch: Kein Biss), das dadurch in den Verkaufslisten ebenfalls nach oben gerückt ist.

Großzügig verfahren die Hersteller bei Flutkatastrophen. Johnson hat 30.000 Produkte an die Helfer des THW und der DLRG gespendet. In den Jahren ohne Mückenplagen sorgen meist Zecken für einen guten Absatz von Schutzmitteln. Immer häufiger wirken Repellents daher gegen Stechmücken und Zecken gleichzeitig. Zecken gelten in Deutschland als gefährlicher, weil sie schwere Krankheiten auslösen können. Impfungen helfen nur begrenzt.

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SZ vom 13.07.2013/fran
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