Anonyme Briefe:Union vergleicht Welteke-Affäre mit "Watergate"

Die Unionsfraktion hegt den Verdacht, dass Finanzminister Hans Eichel Informationen über die Hotel-Affäre von Bundesbankpräsident Ernst Welteke in der Öffentlichkeit lanciert hat, um diesen aus dem Amt zu treiben.

Von Ulrich Schäfer

CDU und CSU wollen deshalb Eichel und dessen Medienberater Klaus-Peter Schmidt-Deguelle in den Haushaltsausschuss des Bundestags zitieren. Es solle geklärt werden, so der CDU-Haushaltsexperte Steffen Kampeter, ob der Fall Welteke "das deutsche Watergate ist".

Die Union hält es für möglich, dass Schmidt-Deguelle die Unterlagen über Weltekes Silvester-Aufenthalt im Berliner Hotel Adlon, den zunächst die Dresdner Bank bezahlt hatte, illegal beschafft und weitergegeben hat. Dies erinnere, urteilt Kampeter, an die Affäre um US-Präsident Richard Nixon, der 1974 zurücktreten musste. Mitarbeiter von Nixon waren in ein Büro im Washingtoner Watergate-Komplex eingebrochen, um politische brisante Informationen zu beschaffen.

Früher bei der Dresdner Bank tätig

Die Union beruft sich bei ihrem Verdacht auf Berichte von Zeitungen des Springer-Verlags. Diese hatten über die Rolle von Schmidt-Deguelle in der Welteke-Affäre spekuliert. Der freiberufliche Medienberater war bis vor einem Jahr auch für die Dresdner Bank tätig. 2001 hatte er die Öffentlichkeitsarbeit für die Silvesterveranstaltung der Dresdner Bank in Berlin mit vorbereitet.

Schmidt-Deguelle bezeichnete die Darstellung der Blätter als "frei erfunden und völlig absurd". Er habe keinerlei Informationen über den Hotel-Aufenthalt weitergegeben. Das Ministerium sprach von einer "bösartigen und falschen Darstellung"; die Berichte über ein mögliches Komplott der Bundesregierung gegen Welteke seien "völlig abstrus".

Schmidt-Deguelle bestritt zudem, dass er die anonymen Briefe aufgegeben habe, die das Finanzministerium im Fall Welteke erhalten hatte. Die Schreiben, adressiert an Eichel, seinen Staatssekretär und einen Abteilungsleiter, enthielten eine Kopie der Rechnung des Hotels Adlon, versehen mit dem Eingangsstempel der Dresdner Bank. Sie waren am 31.März bei einem Postamt in Berlin-Mitte abgestempelt worden, das in der Nähe des Ministeriums liegt.

Brisanz der Unterlagen

Die Dresdner Bank hatte zuvor überprüft, ob jemand aus ihren Reihen für die Indiskretion verantwortlich gewesen sein könnte. 25 Personen hätten damals, berichtet die Welt am Sonntag, Zugang zu der Rechnung gehabt, maximal drei hätten die Brisanz der Unterlagen erkennen können.

Einer davon sei, so behauptet die Zeitung, Schmidt-Deguelle gewesen. Dieser wies den Verdacht gegen seine Person zurück: "Wie hätte ich an diese Rechnung kommen sollen?" Im Übrigen sei er an dem Tag, an dem die Briefe abgeschickt wurden, nachweislich nicht in Berlin gewesen. Der Medienberater erwägt nun rechtliche Schritte gegen die Zeitung.

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