Man kann nicht behaupten, dass Michael Horn unter VW-Hassern sitzen würde bei diesem Termin am Donnerstag im US-Repräsentantenhaus. Sein allererstes Auto sei ein Käfer gewesen, Baujahr 1976, erzählt Tim Murphy, der als Vorsitzender des zuständigen Unterausschusses die Affäre um manipulierte Abgastest bei Volkswagen aufklären soll. Und seine Kollegin Diana DeGette kann sich gar erinnern, dass der 1960er Käfer, den sie einst von der Oma erbte, ein rotes Schiebedach hatte.
Abgas-Skandal:Amerikanischer VW-Chef will von Manipulationssoftware nichts gewusst haben
US-Abgeordnete grillen den Amerika-Chef von VW. Doch der gibt sich erstaunlich ahnungslos.
Doch so nostalgisch die weltweit erste Parlamentsanhörung zum VW-Skandal beginnt, so rasch ist es vorbei mit den Freundlichkeiten. Er sei "geschockt", dass der Konzern "eine ganze Nation betrogen habe", schimpft der Abgeordnete Fred Upton und blickt Horn, der seit Anfang 2014 die Volkswagen Group of America führt, in die Augen: "Wie konnte einer der größten Autohersteller der Welt so etwas tun?" So oder so, VW werde " für dieses kleine hässliche Geheimnis einen hohen Preis zahlen."
"Ein Beweis, dass das Unternehmen die Tragweite noch immer nicht begriffen hat"
Schon die ersten Minuten der Anhörung zeigen, dass Volkswagen in den USA weder auf Verständnis noch auf Milde wird hoffen können. "Wir wollen alles wissen: Wer hat den Betrug angeordnet? Wann? Wo? Warum? Womit?", sagt die Abgeordnete Marsha Blackburn. Horn, dunkelgrauer Anzug, weißes Hemd, blau-weiße Krawatte, heruntergezogene Mundwinkel, rutscht unruhig auf seinem Stuhl hin und her.
Der Zeuge Nummer eins sitzt ganz allein an einem schweren, sicher drei Meter breiten Holztisch. Ihm gegenüber die Phalanx der zwei Dutzend Ausschussmitglieder, und je länger die Sitzung dauert, desto mehr wird aus der Anhörung ein Verhör. "Was Volkswagen bisher getan hat, um das Problem aus der Welt zu räumen, ist völlig unzureichend", knurrt der Abgeordnete Chris Collins. "Es ist ein Beweis für Arroganz und dafür, dass das Unternehmen die Tragweite der ganzen Angelegenheit noch immer nicht begriffen hat."
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Das Krisenmanagement des Autoherstellers steht in der Kritik: Die "brutalstmögliche Aufklärung" (Roland Koch) lässt auf sich warten. Wie sollte VW in der Abgas-Affäre vorgehen?
Dabei hat Horn gleich zu Beginn seiner Aussage eingeräumt, dass VW allein in den USA mit Hilfe einer Software die Abgaswerte von rund 500 000 Autos manipuliert hat, um sie mit den gesetzlichen Grenzwerten in Einklang zu bringen. Er bekennt, dass man die Kunden, die Händler, die Behörden, die Öffentlichkeit belogen habe, er bittet um Entschuldigung.
Er selbst, sagt der Manager, der unter Eid steht, sei im Frühjahr 2014 darüber informiert worden, dass eine unabhängige Untersuchung von VW-Pkw sehr viel höhere Abgaswerte zu Tage gefördert habe als vom Konzern offiziell angegeben. Man habe ihm aber gesagt, dass die Volkswagen-Techniker gemeinsam mit der US-Umweltbehörde Epa an einer Lösung des Problems arbeiteten.
Schonung erfährt der Manager nicht
Immer wieder macht der 51-Jährige den Eindruck, als könne er selbst nicht recht glauben, dass er jetzt als eine Art Angeklagter für Fehler anderer geradestehen muss, die bis ins Jahr 2009 zurückreichen. Erst Anfang September dieses Jahres, so Horn, habe man ihm gesagt, dass VW die Ungereimtheiten bei der Abgasmessung durch den Einbau eines sogenannten "defeat device" selbst verursacht habe. "Ich wusste bis dahin nicht einmal, was ein defeat device ist, geschweige denn, dass so etwas in unseren Autos steckt", sagt er und fixiert einen Punkt in der Ferne. "25 Jahre meines Lebens habe ich Volkswagen gewidmet."
Die Abgeordneten nehmen Horn dessen Betroffenheit durchaus ab, sie danken ihm für seine Antworten und dafür, dass er freiwillig vor dem Ausschuss erschienen ist. Schonung erfährt der Manager aber deshalb noch lange nicht. Vor allem dass er nicht sagen kann, bis wann die 500 000 Autos sämtlich umgerüstet sind, ärgert die Politiker. Für die meisten Modelle werde es wohl nicht vor der zweiten Hälfte des kommenden Jahres eine technische Lösung geben, sagt der Deutsche, die anschließende Reparatur der Wagen werde dann noch einmal ein bis zwei Jahre dauern.
Autokonzern:Razzia bei Volkswagen
Ermittler suchen bei VW in Wolfsburg und an anderen Orten nach Unterlagen zu den Abgas-Manipulationen. Sie bekommen in der Konzernzentrale sogar ein eigenes Büro.
Und noch ein Punkt treibt die Parlamentarier um: "Nie im Leben glaube ich, dass das eine kleine Gruppe von Ingenieuren allein ausgeheckt haben soll", erregt sich der Abgeordnete Collins, und sein Kollege Joe Barton spricht den Zeugen Horn noch einmal direkt an: "Halten Sie es wirklich für vorstellbar, dass in einem Unternehmen, das so gut geführt wird wie Volkswagen, die Leitungsebene über eine derart lange Zeit nichts von den Vorgängen gewusst hat?"
"Ich stimme Ihnen zu: Das ist schwer zu glauben. Ich habe auch Probleme damit."
"Ich danke Ihnen für die ehrliche Antwort."