Angst vor dem Extrem-Abschwung:Krisenjahr 2010

Schwarz, schwärzer, Deutschland: Politik, Wissenschaft und IWF prophezeien einen Mega-Abschwung - inklusive eines rasanten Anstiegs der Arbeitslosigkeit. Doch ein neues Konjunkturpaket wird es nicht geben.

Guido Bohsem, Berlin

Anders als bislang erwartet wird die deutsche Wirtschaft voraussichtlich auch im Jahr 2010 schrumpfen. Sowohl der Internationale Währungsfonds (IWF) als auch die führenden deutschen Forschungsinstitute rechnen inzwischen mit einem zweiten Krisenjahr. Knapp fünf Millionen Menschen sollen dann arbeitslos sein. Zudem werden die Staatsschulden dramatisch steigen, urteilen die Institute.

Konjunktur, ddp

Straßenarbeiter in Garmisch-Partenkirchen: Die deutsche Wirtschaft wird in diesem Jahr drastisch schrumpfen.

(Foto: Foto: ddp)

Während diese lediglich einen Rückgang des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 0,5 Prozent erwarten, rechnet der IWF mit einem Minus von einem Prozent. Auch für 2009 sind die Prognosen weitaus schlechter als erwartet. So kommen die Institute zum Ergebnis, dass die Wirtschaftsleistung um sechs Prozent schrumpfen wird. Der Fonds geht von einem Minus von 5,6 Prozent aus. Die Regierung will auf die Prognosen reagieren, indem sie ihre eigenen Erwartungen nach unten korrigiert - nach Worten von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) auf ein Minus von fünf Prozent oder mehr. Im Januar hatten die Experten der Regierung noch damit gerechnet, dass das BIP nur um 2,25 Prozent sinkt.

Neues Konjunkturpaket? Nein danke!

Die anhaltende Rezession und der Anstieg der Arbeitslosigkeit wird dramatische Folgen für die Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden haben. Nach Einschätzung von Experten werden die Steuerschätzer im Mai zum Ergebnis kommen, dass der Staat in den kommenden vier Jahren bis zu 200 Milliarden Euro weniger einnimmt, als noch 2008 angenommen. Zusammen mit den steigenden Kosten für die Arbeitslosigkeit wird dies nach dem Urteil der Institute 2010 zu einer Neuverschuldung des Staates von 132 Milliarden Euro führen, was einer Defizitquote von 5,5 Prozent entspricht und weit über der im europäischen Stabilitätspakt vereinbarten Obergrenze von drei Prozent liegt.

Trotz der dramatisch schlechten Wirtschaftsprognosen lehnt die Bundesregierung ein drittes Konjunkturpaket weiterhin ab. Nach Beratungen mit Vertretern aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gewerkschaften unter Leitung von Kanzlerin Angela Merkel schlossen Steinbrück und Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg weitere Staatshilfen zur Stützung der Wirtschaft aus. "In der Runde war man weitgehend der Meinung, dass ein drittes Konjunkturpaket nicht notwendig ist", sagte Guttenberg. Steinbrück bezeichnete alleine die Diskussion darüber als kontraproduktiv.

DGB: 100 Milliarden für die Wirtschaft

Vor allem die Gewerkschaften hatten sich vor dem Treffen unter Leitung von Bundeskanzlerin Merkel (CDU) vehement ein stärkeres Engagement des Staates eingefordert. So plädierte der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Michael Sommer, dafür, weitere 100 Milliarden Euro in die Wirtschaft zu stecken. Ähnlich hatte sich auch Verdi-Chef Frank Bsirske geäußert.

Die bislang beschlossenen Hilfsprogramme haben ein Volumen von insgesamt 80 Milliarden Euro. Wesentliche Teile davon werden jedoch erst im Laufe der kommenden Monate ihre Wirkung entfalten. In den Konjunkturprognosen von IWF und Instituten sind die Maßnahmen bereits berücksichtigt. Der Fonds rief die Industrienationen dazu auf, zur Bekämpfung der Krise vor allem den Banken zu helfen.

Steinbrück sagte, die Koalition sei offen, auch die Unternehmen aus anderen Wirtschaftsbereichen zu unterstützen. So sei nicht ausgeschlossen, dass der Staat ihnen die Sozialbeiträge abnimmt, die sie zahlen müssen, obwohl sie Kurzarbeit angemeldet haben. Zudem winken ihnen Erleichterungen, weil die Unternehmensteuerreform nachgebessert werden soll.

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