Angeschlagene Unternehmen:Sanieren statt liquidieren

Unberechenbares Insolvenzverfahren: Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger will die Rettung angeschlagener Unternehmen erleichtern.

Daniela Kuhr

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) will die frühzeitige Sanierung maroder Unternehmen erleichtern. Das geht aus einem Referentenentwurf ihres Ministeriums hervor, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Er befindet sich derzeit in der Abstimmung mit den anderen Ministerien. Ziel sei, Schwächen der geltenden Insolvenzordnung zu beseitigen, heißt es in dem Entwurf. So habe das deutsche Insolvenzverfahren den Ruf, nicht besonders berechenbar zu sein. Auch deshalb hätten Unternehmen zuletzt verstärkt ihren Sitz nach England verlegt, um von dem dortigen, angeblich besseren Insolvenzrecht zu profitieren.

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Wenn nichts mehr geht: Angeschlagenen Unternehmen soll es erleichtert werden, früher in die Sanierungsphase zu gehen.

(Foto: Getty Images)

Künftig sollen daher alle Beteiligten "eine größere Planungssicherheit hinsichtlich des Ablaufs des Verfahrens erhalten". Dies soll unter anderem dadurch erreicht werden, dass Gläubiger einen stärkeren Einfluss auf die Auswahl des Insolvenzverwalters bekommen. Auch wird das Insolvenzplanverfahren ausgebaut und gestrafft. "Insgesamt geht der Entwurf in die richtige Richtung", sagt Daniel Bergner, Geschäftsführer des Verbands der Insolvenzverwalter Deutschlands (VID). Das Ziel, ein angeschlagenes Unternehmen zu sanieren, statt zu liquidieren, werde erleichtert.

Für Unternehmen, die noch nicht zahlungsunfähig sind, denen aber die Zahlungsunfähigkeit droht, soll es eine Art vorgelagertes Insolvenzverfahren geben. Dabei können die Betroffenen leichter als bislang für eine begrenzte Zeit versuchen, ihr Unternehmen in Eigenverwaltung zu sanieren. Damit wird das Verfahren deutlich diskreter als bei einer offiziellen Insolvenz. "Das ist der richtige Weg", sagt VID-Geschäftsführer Bergner. "Die Furcht vor dem Kontrollverlust ist der Hauptgrund, weshalb Unternehmer, denen Zahlungsunfähigkeit droht, bislang den Insolvenzantrag hinauszögern. Wenn sie künftig ihr Unternehmen selbst sanieren dürfen, werden hoffentlich sehr viel mehr Anträge frühzeitig gestellt, bevor es für eine Rettung zu spät ist."

Weg mit der Blockade

Zudem sollen einzelne Gläubiger das Insolvenzverfahren nicht mehr so leicht blockieren können wie bisher. "Auch das ist eine wichtige Verbesserung, da es immer wieder vorkam, dass ein Gläubiger gegen Beschlüsse der Gläubigerversammlung klagte und damit das gesamte Verfahren zum Stillstand brachte", sagt Bergner. Solche Klagen werden erschwert.

Kritisch sieht Bergner dagegen, dass Gläubiger künftig mehr Einfluss auf die Auswahl des Insolvenzverwalters bekommen sollen. "Im Prinzip ist dagegen nichts zu sagen, es darf aber nicht so weit kommen, dass einzelne Großgläubiger, wie beispielsweise Banken, sich auf diese Weise einen Verwalter aussuchen können, der ihnen angenehm ist." Dann bestünde nämlich die Gefahr, dass immer wieder derselbe kleine Kreis von Verwaltern zum Zug käme, und diese somit abhängig würden von den Banken. "Das könnte das Vertrauen kleinerer Gläubiger in unser Insolvenzverfahren nachhaltig beschädigen", sagt Bergner.

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