Angebliche Gentechnik in Bio-Gemüse:Bio-Vertreter widersprechen ZDF-Bericht

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Bio-Brokkoli mit Genen des japanischen Rettichs. Kann es geben, sagen Bio-Verbände - ohne, dass dies ohne Gentechnik falle. 

(Foto: Marc Müller/dpa)

In Biomärkten gebe es gentechnisch verändertes Gemüse, hatte das ZDF in der Sendung "Wiso" berichtet. Schließlich habe es Gene des japanischen Rettichs im Bio-Brokkoli gefunden. Dabei handle es sich aber nicht um Gentechnik, sagen nun Bio-Vertreter und werfen dem Sender vor, unbegründet einen Skandal provozieren zu wollen.

Gentechnik ist in der Biobranche so ungeliebt wie Fischmehlfutter und Massentierhaltung. Ganz frei davon seien aber auch die Regale in den Bio-Supermärkten nicht, behauptet das ZDF in seiner Sendung "Wiso".

Eine Stichprobe habe ergeben, dass 17 von insgesamt 37 Biogemüse-Proben gentechnisch verändert sind. In Bio-Chicorée sei die Erbsubstanz der Sonnenblume, in Bio-Blumenkohl und Bio-Brokkoli die Erbsubstanz des japanischen Rettich nachgewiesen worden. Beim Brokkoli seien 60 Prozent und beim Chicorée 40 Prozent der Proben gentechnisch verändert gewesen. Auch bei Tiefkühlgemüse sei "Wiso" fündig geworden. Getestet wurde Gemüse aus verschiedenen Filialen der Bio-Supermärkte Alnatura, Denns, Basic, Bio Company und Tegut.

Bei dem untersuchten Gemüse handelt es sich um CMS-Hybride, wie "Wiso" auf seiner Webseite erklärt. Die "Cytoplasmatische Männliche Sterilität" bewirkt, dass sich Pflanzen nicht mehr selbst bestäuben müssten. CMS lässt sich dann mit dem Verfahren der Zellfusion zum Beispiel auf Blumenkohl, Brokkoli und Chicorée übertragen.

Nun wehren sich die Bio-Vertreter. Hier werde etwas zum Skandal gemacht, was überhaupt keiner sei, sagt Felix Löwenstein, der Vorsitzende des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft (Bölw): "Die Behauptung des ZDF, CMS-Sorten seien Gentechnik, ist falsch. Die von "Wiso" getesteten Waren aus CMS-Sorten fallen eindeutig nicht unter das Gentechnikrecht.", sagt Löwenstein. Werde die Zellfusionstechnik bei nahe verwandten Pflanzen eingesetzt, sei sie nicht der Gentechnik zuzurechnen, da eine Übertragung der entsprechenden Eigenschaften auch auf natürlichem Wege möglich wäre: Diese könnten auch durch Brückenkreuzung eingezüchtet werden, so der Bund. Anderes zu behaupten, wäre Unfug und eine verkürzte Darstellung, so Löwenstein.

Das ZDF widerspricht dieser Ansicht: "In der EU-Freisetzungsrichtlinie wird die Zellfusion als gentechnisches Verfahren definiert, für die Herstellung von CMS-Hybriden aber wird eine Ausnahmeregelung getroffen. Formaljuristisch handelt es sich also nicht um Gentechnik - darauf ziehen sich der Bölw, aber auch alle Saatguthersteller zurück. CMS-Hybride aber entstehen durch Zellfusion zweier unterschiedlicher Arten. Das ist ein gentechnisches Verfahren."

Über die Diskussion hinaus, ob es sich bei der CMS-Technik um Gentechnik handelt oder nicht, verbieten die Bio-Verbände den Einsatz dieser Sorten. Denn bei der Zellfusionstechnik werde die Integrität der Zelle verletzt. Vorreiter dieser strengen Qualitätsstandards ist der Demeter-Verband. Das ZDF hatte auch in einem Tiefkühlblumenkohl von Demeter fremde DNA gefunden.

Nach Angaben der Sendung reagierte Demeter sofort. Vorstand Alexander Gerber sagte demnach, dass der Verband die Zellfusionstechnik ablehne und ein Fehler passiert sei. "Wir haben sofort die Ware vom Markt genommen. Sie ist nicht mehr verfügbar. Und wir haben die Kontrollen auf allen Betrieben intensiviert." Dies zeige, so Löwenstein, dass selbst auferlegte Standards in der Landwirtschaft manchmal sehr schwierig einzuhalten seien.

Süddeutsche.de hatte bereits am 5. August 2013 an dieser Stelle über die "Wiso"-Sendung berichtet. Die aktualisierte Meldung beinhaltet nun auch die Stimmen der Bio-Vertreter und die Erwiderung des ZDFs.

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