Anfrage der Grünen:Banken mauern bei der Suche nach rechtmäßigen Kontobesitzern

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Die Interessensvertretung der großen Bankenverbände hatte bereits Ende 2015 bei einer Befragung angegeben, dass ihr keine konkreten Zahlen vorlägen, wie viele nachrichtenlose Konten es in Deutschland gibt. (Foto: dpa)
  • Erben wissen nicht immer von den Konten ihrer Verwandten oder Bekannten - umgekehrt wissen die Banken nichts von den Erben.
  • Das Finanzministerium plant keine Schritte, um herauszufinden, wie schwerwiegend das Problem mit verwaisten Konten ist.

Von Felicitas Wilke, München

Jedes Konto gehört irgendjemandem. Stirbt ein Mensch, so geht das Geld, das darauf liegt, an die Erben über. Doch heute gehört längst nicht mehr zu jedem Konto ein Sparbuch, das im Schrank oder Safe des Verstorbenen lagert und auf die dazugehörige Bankverbindung hindeutet. Die Folge: Die Erben wissen nicht immer von den Konten ihrer Verwandten oder Bekannten. Und die Bank hat manchmal jahrelang nichts von ihrem Kunden gehört, kennt aber auch die Erben nicht.

Nach Schätzungen des nordrhein-westfälischen Finanzministeriums aus dem vergangenen Jahr liegen deutschlandweit rund zwei Milliarden Euro auf Konten, von deren Existenz die Erben nichts wissen.

Ob das tatsächlich stimmt, ist unklar: Offizielle Erhebungen vonseiten der Bankenverbände gibt es nicht. Aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen an die Bundesregierung geht jetzt hervor, dass es dabei vorerst bleibt - und dass das Finanzministerium keine weiteren Schritte plant, um herauszufinden, wie schwerwiegend das Problem mit verwaisten Konten ist.

Auf die Frage der verbraucherpolitischen Sprecherin der Grünen, Nicole Maisch, bei wie vielen Konten der Kontakt zwischen Bank und Inhaber abgebrochen ist, beruft sich Staatssekretär Michael Meister auf die Deutsche Kreditwirtschaft: Die Interessensvertretung der großen Bankenverbände hatte bereits Ende 2015 bei einer Befragung angegeben, dass ihr keine konkreten Zahlen vorlägen, wie viele nachrichtenlose Konten es in Deutschland gibt. "Neuere Erkenntnisse liegen der Bundesregierung nicht vor", antwortet der Staatssekretär auf die Anfrage.

"Vorrangig Sparkonten mit geringem Guthaben"

Eine Reaktion, die der Grünen-Abgeordneten Maisch nicht genügt. "So bleibt die Situation unnötigerweise unklar", sagt sie. Es sei "schwer vorstellbar", dass das Ministerium nicht relativ einfach an genauere Informationen käme, würde es die Banken und Sparkassen gezielt danach fragen. Denn andere Zahlen scheinen den Instituten sehr wohl vorzuliegen.

So ließ die Deutsche Kreditwirtschaft die Bundesregierung wissen, dass es sich bei den verwaisten Konten "vorrangig um Sparkonten mit geringem Guthaben" handle. Wie viel Geld auch immer auf den Konten liegen mag, es kann den Banken durchaus recht sein, sie weiter zu verwalten: Schließlich können sie das Kapital für ihr Kerngeschäft nutzen und damit Kredite vergeben.

Daran sei juristisch nichts auszusetzen, sagt Alexander Knauss, Fachanwalt bei der Kanzlei Meyer-Köring. Nach 30 Jahren erlischt der Anspruch der Erben auf das Geld; dann hätte die Bank sogar das Recht, das Geld einzubehalten. "Davon macht aber meines Wissens keine Bank Gebrauch", sagt Knauss. Politiker wie der damalige NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans haben in der Vergangenheit dennoch kritisiert, die Institute bunkerten Geld, "das ihnen nicht zusteht".

Die Bankenverbände wehren sich: Man biete zur Unterstützung von Erben ein Suchverfahren bei den Mitgliederinstituten an, heißt es beim Bundesverband Deutscher Banken (BdB). Auch die Verbände der Sparkassen und VR-Banken verweisen auf ähnliche Angebote. Allerdings sind diese nicht immer vollumfänglich: Beim BdB ist die Suche auf bis zu drei Bundesländer beschränkt - "aus Gründen der Verhältnismäßigkeit", wie es heißt. Der Verband Öffentlicher Banken hat sich im vergangenen Jahr aus dem Suchverfahren ausgeklinkt.

Auch vor diesem Hintergrund fordert die Grünen-Politikerin Maisch die Bundesregierung dazu auf, genauere Zahlen von den Bankenverbänden einzufordern. Nur so könne man herausfinden, wie viele Betroffene nichts von ihrem Erbe wüssten und ob weitere Schritte wie ein Zentralregister sinnvoll seien. Die Bundesregierung sieht dafür bislang keine Notwendigkeit.

In der Zwischenzeit können nur die Menschen handeln, die etwas zu vererben haben - "indem sie genau festhalten, bei welcher Bank sie welches Konto haben", rät Anwalt Knauss. Dann kann das Kapital gar nicht erst verwaisen.

© SZ vom 18.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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