Klara Geywitz:Eine Frau für den Bau

Olaf Scholz And Klara Geywitz Candidate For Leadership Of The SPD

Klara Geywitz, 45, gilt als Vertraute von Olaf Scholz. Als neue Bauministerin dürfte ihr das noch nützlich sein.

(Foto: Carsten Koall/Getty Images)

Bauen und Wohnen bekommen in der neuen Regierung wieder ein eigenes Haus. Ministerin Klara Geywitz dürfte dort gleich genug zu tun haben.

Von Stephan Radomsky

Zumindest bei den Zielen wird in Berlin schon geklotzt: Nichts weniger als einen "Aufbruch in der Bau-, Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik" haben SPD, Grüne und FDP in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt. Um dem Thema auch das entsprechende politische Gewicht zu geben, erhält es wieder ein eigenes Ministerium, nach mehr als 20 Jahren. Leiten soll es als Ministerin die SPD-Politikerin Klara Geywitz, 45, zusammen mit den beiden bisherigen Bundestagsabgeordneten Cansel Kiziltepe und Sören Bartol als Staatssekretären. Zu tun haben dürften sie alle gleich genug.

Der Koalitionsvertrag jedenfalls gibt Geywitz und den Ihren ziemlich viele, ziemlich konkrete Aufträge mit. Und die gehen zum Teil weit über das hinaus, was der Bund sich zuletzt am Bau vorgenommen hatte: 400 000 neue Wohnungen sollen künftig jedes Jahr entstehen, 100 000 davon gefördert - viermal so viele wie zuletzt. Die Bauherren sollen zudem einen deutlich größeren Beitrag zum Klimaschutz leisten. Ab 2025 beispielsweise muss jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien heizen und jeder Neubau den Energiestandard "Effizienzhaus 40" erfüllen.

Weil das aber kostet, soll auch mehr gefördert werden, beispielsweise beim Kauf einer eigenen Immobilie. Hier sollen eigenkapitalersetzende Darlehen, Tilgungszuschüsse und Zinsverbilligungen helfen. Außerdem sollen die Länder die Grunderwerbsteuer flexibler regeln können. Auch soll Bauen und Sanieren einfacher und schneller werden: Digitalisierung, weniger Bürokratie und mehr Standards sollen den Aufwand mindern.

Dass dafür nun wieder ein eigenes Bauministerium geschaffen wird, begrüßen viele: Nur so bekomme das Thema "auf politscher Ebene den notwendigen Stellenwert", sagte etwa Rolf Buch, Chef des landesweit größten Vermieters Vonovia, der SZ. Auch beim Spitzenverband der Wohnungswirtschaft (GdW) ist man mit dem Koalitionsvertrag zufrieden: Es liege "in den getroffenen Einigungen viel Perspektive", auch wegen des wieder eigenständigen Bau-Ressorts. Und beim Mieterbund hofft man auf das neue Spitzenpersonal: Es sei positiv, wenn das Thema nun "nicht mehr nur Anhängsel" sei, sagte Präsident Lukas Siebenkotten der SZ. Das neue Haus brauche aber möglichst große Kompetenzen - deshalb sei es vielversprechend, wenn mit Geywitz eine Vertraute des neuen Kanzlers Ministerin werde und mit Kiziltepe und Bartol erfahrene Fachpolitiker Staatssekretäre werden. "Das könnten die Richtigen sein."

Das Thema wanderte von einem Haus zum anderen

1998 war das damalige Bauministerium von der rot-grünen Koalition zerschlagen worden, seitdem wanderte das Thema von einem Haus zum anderen: erst lag es beim Verkehrs-, später beim Umwelt- und zuletzt beim Innenministerium. Nun also rücken Bauen und Wohnen wieder in der Bedeutung auf.

Wie groß die am Ende wird, darüber dürfte es aber ziemlich sicher noch Konflikte geben. Das Geld für all die Vorhaben beispielsweise muss aus dem Finanzministerium kommen; der Bereich Mieterschutz war bisher Sache des Justizministeriums; der Klimaschutz soll künftig zentral im grünen Wirtschaftsministerium organisiert werden; und für Digitalisierung soll eigentlich das Verkehrsministerium zuständig sein. Schon vor dem ersten Treffen der neuen Regierungsmannschaft am Kabinettstisch kursieren erste Berichte über Rangeleien um die Zuständigkeiten.

In solchen Auseinandersetzungen könnte Geywitz ihr guter Draht zum neuen Kanzler helfen: Gemeinsam mit Olaf Scholz bewarb sie sich 2019 um den SPD-Parteivorsitz. Das Duo scheiterte zwar, trotzdem holte Scholz sie nun quasi als Quereinsteigerin in die Regierung. An den Koalitionsverhandlungen war Geywitz nämlich nicht beteiligt, die Verhandlungen zum Thema Bauen und Wohnen führten für die SPD andere, allen voran der designierte nächste Generalsekretär Kevin Kühnert. Profitieren könnte Geywitz auch von Scholz' Regierungserfahrung in Hamburg. Unter seiner Ägide war dort 2011 ein "Bündnis für das Wohnen" mit Wohnungswirtschaft und Mietervereinen aufgelegt worden, in dessen Rahmen seither ein von allen Seiten ziemlich positiv bewertetes Bauprogramm läuft. Etwas Ähnliches soll sie nun als "Bündnis bezahlbarer Wohnraum" auf Bundesebene schaffen.

Dabei weiß die gebürtige Potsdamerin durchaus auch, was am Bau so alles schiefgehen kann: 2013 und 2014 war sie im Brandenburger Landtag Vorsitzende des Sonderausschusses zum pannengeplagten Hauptstadtflughafen BER. Nachdem sie 2019 den Wiedereinzug ins Landesparlament verpasst hatte, wechselte sie als Prüfgebietsleiterin zum Landesrechnungshof - und war dort unter anderem zuständig für Themen wie die Organisation der Bauverwaltung, Wohnraumförderung, Raumentwicklung oder die Architekten- und Ingenieurkammer. Ihre Chefin dort beschreibt sie als "nüchtern, präzise, zuverlässig - und sehr uneitel". Alles Eigenschaften, die am Bau geschätzt werden.

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