Wirtschaftsminister:Robert Habeck hat ein gutes Gespür für den Markt

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Habeck weiß: In der coronabedingten Wirtschaftskrise ist ein aktiver und spendabler Staat gefragt. Aber halt einer, der sein Geld klug einsetzt. (Foto: imago/Political-Moments)

Der Wirtschaftsminister sagt kluge Dinge, und selbst Christian Lindner verabschiedet sich von seinen Dogmen: Diese Woche könnte tatsächlich der Anfang von etwas ganz Besonderem gewesen sein.

Kommentar von Marc Beise

Ehre, wem Ehre gebührt: Die klügsten Sätze dieser Tage kommen von Robert Habeck, dem neuen Vizekanzler. Weder schlägt er die Schlachten von gestern, noch stanzt er all zu viele Phrasen. Sondern er lässt die Bürger am Verfertigen der Gedanken eines früheren Grünen-Funktionärs teilhaben, der nun die Last der Gesamtverantwortung spürt.

So war es bemerkenswert, wie der neue Wirtschaftsminister noch am Tag seiner Vereidigung ausdrücklich darauf hinwies, dass man die angekündigte große Energiewende nicht gegen die Menschen und auch nicht gegen die Unternehmen vollbringen kann. Dass es nicht funktionieren wird, eine gewachsene Industrienation mithilfe von jeder Menge Ge- und Verboten brachial umzusteuern. Sondern dass die Politik besser vor allem nur den Rahmen setzt und natürlich Anreize gibt, aber auch Freiräume ermöglichen muss, um Innovationen und Verhaltensänderungen zu provozieren.

Schöner hätte das Ludwig Erhard nicht sagen können, und Habeck hatte es nicht einmal nötig, sich den Altvater namentlich zu Hilfe zu holen - während mancher seiner Vorgänger im Amt immerzu genau das tat und dann das Ministerium doch nur als Subventionsausschütter missverstand. Viele in der FDP denken ja immer noch, dass liberale Wirtschaftspolitik heißt, vor allem Freiberufler zu bedienen. In Wirklichkeit geht es darum, allen Marktteilnehmern die Chance zu geben, ihr Glück und damit mittelbar das Glück des Gemeinwesens zu machen.

Auch FDP-Chef Lindner macht sich frei von alten Dogmen. Und was ist mit der SPD?

Offenbar ist auch FDP-Chef Christian Lindner auf dem Weg, sich als Regierungsmitglied von Dogmen zu verabschieden. Schon länger hat er seine alten Stanzen nicht mehr bemüht, ganz zu schweigen von denen seiner Vorgänger, die gerne mal die "spätrömische Dekadenz" der weniger Begüterten geißelten, nachdem sie Unternehmer politisch bedacht hatten. Steuersenkung, Rückführung der Staatsquote, Bürokratieabbau - alles weiterhin wichtig, aber jedes zu seiner Zeit.

Jetzt, in der coronabedingten Wirtschaftskrise und angesichts des klimanotwendigen gewaltigen Systemwechsels hin zu nachhaltigem Wirtschaften, ist ein aktiver und spendabler Staat gefragt. Aber halt einer, der sein Geld klug einsetzt, sodass die Marktkräfte in die gewollte Richtung wirken können. Damit, beispielsweise, die Autoindustrie vom Verbrenner wegkommt, ohne daran zu zerbrechen. Damit die Stromversorgung neu organisiert wird, ohne die Versorgungssicherheit zu gefährden. Solche Dinge eben.

Wenn jetzt auch noch die SPD-Vertreterinnen und Vertreter sich von manchem Glaubenssatz ihrer Parteiprogrammatik frei machen und nicht zuerst über neue soziale Maßnahmen nachdenken, so wünschenswert diese wären, sondern lieber an den Bedingungen arbeiten, die es braucht, damit in der Wirtschaft neue Jobs entstehen - wenn all das passiert, dann könnte diese Woche tatsächlich der Anfang von etwas ganz Besonderem gewesen sein.

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