AMD:Wenig haben - und viel schaffen

Wie AMD-Chef Hector Ruiz den Rivalen Intel unter Druck setzt.

Markus Balser

Im Kampf David gegen Goliath verkürzt der Chiphersteller AMD den Abstand zum Erzrivalen Intel.

Konzernchef-Chef Hector Ruiz aber geht die Aufholjagd nicht schnell genug.

Er unterstellt dem Nachbarn aus dem kalifornischen Silicon Valley üble Tricks. Ein Rechtsstreit könnte die Wende bringen.

Dass sein Unternehmen nur als kleiner Nachbar von Intel gilt, wurmt Hector Ruiz schon seit Jahren. Egal, wie innovativ die Produkte von AMD auch waren, der Branchenprimus wankte nicht.

Klar, dass es auf dem Chipmarkt nicht mit rechten Dingen zugehen könne, dachte sich der ehrgeizige Amerikaner. Solche Vermutungen auf sich beruhen zu lassen und sich nur im Stillen darüber zu ärgern, das wäre nicht die Sache von "Hurricane-Hector".

Einflussreiche Verbündete

Also polterte er öffentlich, der Vorsprung von Intel sei das Ergebnis schmutziger Geschäfte, und er verklagte den Konkurrenten vor einem US-Gericht.

Der Vorwurf: Intel bezahle Herstellern und Händlern Teile ihrer Werbung und zwinge sie im Gegenzug zu einer exklusiven Zusammenarbeit.

Anfangs belächelt, horcht die Branche inzwischen auf, wenn Ruiz den Rivalen attackiert. Auch, weil der 60-Jährige Erfahrung im Umgang mit widrigen Umständen hat.

Geboren wurde der Manager im mexikanischen Piedras Negras - zwar nah an der amerikanischen Grenze, aber, was die Karriereaussichten angeht, eben auf der falschen Seite.

Als kleiner Junge, erzählt Ruiz, wollte er Automechaniker werden. Für jemanden, der aus ärmsten Verhältnissen stammt, ist das ein ehrgeiziges Ziel.

Mit sechs Jahren musste Ruiz als Schuhputzer dazuverdienen - die mageren Einnahmen aus dem Buchladen seiner Eltern reichten nicht. Von einer Missionarin erhielt Ruiz mit 14 die Chance seines Lebens: Im Gegenzug für Hausarbeiten brachte sie ihm Englisch bei und ermöglichte den High-School-Besuch jenseits des Rio Grande im texanischen Eagle Pass.

Ruiz wurde Klassenprimus, Ingenieur und Troubleshooter mit Doktortitel. 22 Jahre lang brachte er bei Motorola zu, zuletzt als gnadenloser Sanierer der Chipsparte.

Ruiz entließ 21.000 Beschäftigte und schloss 17 Werke, bevor er im Jahr 2000 in die AMD-Führung wechselte. Auch mit geringen Mitteln oben ankommen - das bescheinigen Beobachter auch Ruiz' neuem Arbeitgeber.

Trotz ungleich geringerer Ressourcen habe AMD Intel in den vergangenen Jahren technologisch oft in den Schatten gestellt.

Nun aber ist Ruiz auf Hilfe von Gerichten und Wettbewerbshütern angewiesen. Auch die EU-Kommission ermittelt gegen den Konkurrenten Intel, der die Vorwürfe bestreitet. Ruiz weiß, dass einflussreiche Verbündete nötig sind.

Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) bezeichnete er als guten Freund. In einer seiner letzten Amtshandlungen eröffnete Schröder im Oktober mit Ruiz das jüngste AMD-Werk in Dresden. Der Kanzler wusste, was er AMD für die Milliardeninvestition schuldig war: Er sicherte die Unterstützung der Regierung im spektakulären Rechtsstreit zu.

Man müsse in Europa zu fairem Wettbewerb auf dem Chipmarkt kommen. Mit der neuen Investition könnte sich Ruiz weitere Freunde gemacht haben.

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