Technologie:Amazon arbeitet an eigenem Quantencomputer

IBM-Quantencomputer

Zu groß für den Heimgebrauch und wohl auch zu teuer: der IBM-Quantencomputer "Q System One".

(Foto: IBM/dpa)

Google und IBM haben schon einen, jetzt setzt auch Amazon auf die superschnellen Rechner.

Amazon arbeitet an einem eigenen Quantencomputer. "Wir haben ein internes Projekt, einen eigenen Quantencomputer zu bauen, Software und Algorithmen dafür zu entwickeln", sagte Oskar Painter, Chef des Quantenhardware-Teams bei Amazon Web Services (AWS), dem Handelsblatt. Amazon ist mit seiner Tochter AWS der weltgrößte Cloudanbieter. Die Serverabteilung des Konzerns ist hochprofitabel, aber in der Öffentlichkeit weniger bekannt als Amazons klassischer Online-Handel.

Auf dem Weg zur kommerziellen Nutzung der neuen Technologie sind bislang Google und IBM die Vorreiter. Die beiden Amazon-Konkurrenten betreiben bereits eigene Quantencomputer. AWS nutzt bislang nur einen Marktplatz externer Anbieter. Das soll sich nun ändern, die Amazon-Tochter will nun auch direkt einsteigen. "Wir bei AWS konzentrieren uns gewöhnlich nicht auf Probleme, die weit in der Zukunft liegen. Wir machen die Dinge, die unsere Kunden von uns wollen", sagte Richard Moulds, Geschäftsführer des Quanten-Teams namens Amazon Braket.

Statt nacheinander können Quantencomputer Rechenoperationen gleichzeitig ausführen. Das ändert alles

Mit dem Konzept der Quantencomputer reagieren Forschung und Industrie darauf, dass die bislang übliche Entwicklung von Hochleistungscomputern an ihre physikalischen Grenzen stößt. Denn Quantencomputer sind nicht einfach nur schnellere Computer: Sie speichern Informationen nicht mehr in Form von Bits, die nur zwei mögliche Zustände annehmen können, nämlich Eins oder Null. Ein Qubit eines Quantencomputers kann stattdessen beides gleichzeitig sein, also Eins und Null. Das Quantenteilchen hält solange beide Zustände inne, bis man es sich ansieht oder misst. Damit können Quantencomputer Rechenoperationen nicht nacheinander, sondern gleichzeitig ausführen - und theoretisch um ein Vielfaches schneller und leistungsfähiger sein als herkömmliche Rechner.

Google arbeitet bereits seit 2006 an Quantencomputing. 2019 behauptete der Suchmaschinen-Konzern, die sogenannte Quantenüberlegenheit erreicht zu haben, weil sein Prozessor Sycamore mit 53 Qubits in 200 Sekunden eine Berechnung durchführen konnte, für die der schnellste Supercomputer der Welt 10 000 Jahre gebraucht hätte.

IBM bietet seinen Cloud-Kunden seit 2019 Zugang zu seinem Quantencomputer mit Namen "Q System One" mit 20 Qubits an. Im Juni stellte IBM auch seinen ersten kommerziellen Quantencomputer in Europa mit 25 Qubits vor, der in der IBM-Deutschlandzentrale in Ehningen bei Stuttgart steht.

Um nicht zu sehr von US-Anbietern abhängig zu sein, hatte die Bundesregierung im Mai insgesamt zwei Milliarden Euro für die Entwicklung von Quantencomputern freigegeben. Um das Ziel des Programms zu erreichen, fördert das Forschungsministerium zunächst den Bau von "Demonstrations-Quantencomputern". Diese Rechner sollen über 24 voll funktionsfähige Qubits verfügen. Innerhalb der fünf Jahre soll ein wettbewerbsfähiger deutscher Quantencomputer mit mindestens 100 individuell ansteuerbaren Qubits ausgestattet sein.

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