Süddeutsche Zeitung

Händler auf Unternehmensplattform:Kartellamt knöpft sich Amazon vor

  • Das Kartellamt leitet ein sogenanntes Missbrauchsverfahren gegen Amazon ein.
  • Untersucht wird das Verhältnis des Unternehmens zu Händlern, die ihre Waren über den Amazon-Marktplatz verkaufen.

Von Caspar Busse

Das Bundeskartellamt will erneut gegen den US-Konzern Amazon vorgehen. Die Behörde leitet ein sogenanntes Missbrauchsverfahren gegen den mit Abstand größten Online-Händler der Welt ein. In einem solchen Verfahren wird geprüft, ob Amazon mit seinen Geschäftspraktiken den Wettbewerb in Deutschland behindert. Am Ende könnte verfügt werden, dass dieses Verhalten gegebenenfalls geändert werden muss. Es handelt sich nicht um ein Bußgeldverfahren, bei dem am Ende empfindliche Strafen stehen können.

Potential für Behinderungen von anderen Händlern

"Viele Händler und Hersteller sind beim Online-Vertrieb auf die Reichweite des Amazon-Marktplatzes angewiesen", sagte Andreas Mundt, der Präsident des Kartellamts. Amazon fungiere als eine Art "gatekeeper" gegenüber den Kunden, also als ein Torwächter, weil Amazon entscheiden kann, wer - und wenn ja, zu welchen Konditionen - auf die Plattform darf und wer nicht.

Diese Doppelrolle als größter Händler und größter Marktplatz berge das Potential für Behinderungen von anderen Händlern. "Aufgrund der vielen uns vorliegenden Beschwerden werden wir prüfen, ob Amazon seine Marktposition zu Lasten der auf dem Marktplatz tätigen Händler ausnutzt. Die Geschäftsbedingungen und Verhaltensweisen von Amazon gegenüber den Händlern werden damit umfassend auf den Prüfstand gestellt", sagte Mundt.

Die deutsche Wettbewerbsbehörde geht derzeit in mehreren Fällen gegen Firmen aus der Internet-Industrie vor. Auch gegen das soziale Netzwerk Facebook läuft derzeit ein Verfahren. Da geht es darum, ob Facebook eine marktbeherrschende Stellung gegenüber seinen Nutzern missbraucht. Die Ermittlungen seien bereits "weit fortgeschritten", so ein Sprecher. Ergebnisse werden "so bald wie möglich" veröffentlicht. Auch Hotelbuchungsplattformen im Internet wie Booking.com oder HRS hat die Behörde aus Bonn bereits eingehend geprüft und dann sogenannte "Best-Preis-Regeln" verboten.

Schneller Einstieg in den Online-Handel

Im Fall von Amazon wird nun das Verhältnis des Unternehmens zu Dritten untersucht, die ihre Waren über die Amazon-Plattform verkaufen wollen. Für viele, gerade kleinere Einzelhändler sei das der einzige Weg, schnell in den Online-Handel einzusteigen, heißt es.

Wenn Amazon marktbeherrschend ist, dürfe der Konzern seine Marktposition nicht missbrauchen. So werden nun unter anderem Haftungsregeln zu Lasten der Händler im Zusammenhang mit Gerichtsstand- und Rechtswahlklauseln geprüft, Regeln zu Produktrezensionen, intransparente Kündigungen und Sperrungen von Händlerkonten, Einbehalt von Zahlungen und verzögerte Auszahlungen, Klauseln zur Einräumung von Rechten an dem vom Händler bereit zu stellenden Produktmaterial sowie Geschäftsbedingungen zum pan-europäischen Versand, teilte das Kartellamt mit.

Bereits vor etwa fünf Jahren hatte das Kartellamt den Amazon-Marktplatz untersucht. Damals ging es um eine spezielle Regelung, der zufolge externe Händler Waren, die sie über Amazon anboten, an keinem anderen Ort billiger verkaufen durften. Diese Klausel beanstandeten die Wettbewerbshüter. Amazon lenkte daraufhin ein und schaffte die "Best-Preis-Regel" in ganz Europa ab. In Bezug auf den neuen Fall teilte der Konzern mit, vollumfänglich mit dem Kartellamt kooperieren zu wollen.

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