Süddeutsche Zeitung

Druck vom Kartellamt:Amazon ändert Geschäftsbedingungen mit Händlern

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Der US-Konzern Amazon ändert auf Druck des Bundeskartellamts seinen Umgang mit Händlern, die über sogenannte Amazon-Marktplätze ihre Produkte verkaufen. Ein Großteil der Waren, die über Amazon vertrieben werden, stammt nämlich nicht von Amazon selbst, sondern von Händlern, die Amazon lediglich als Plattform nutzen. Viele dieser Händler waren unzufrieden und beschwerten sich, nachdem Amazon seine Geschäftsbedingungen umfangreich geändert hatte.

Das Bundeskartellamt leitete schließlich im November 2018 ein Missbrauchsverfahren gegen Amazon ein. Die Händler hatten zuvor Haftungsregeln bemängelt, die zu ihren Lasten gingen, genau wie intransparente Kündigungen, Sperrungen von Konten sowie einbehaltene oder verzögerte Zahlungen. Nun wurde dieses Verfahren gegen Amazon beigelegt.

Die Marktplätze - also die Plattform für Waren von Drittanbietern - sind für den US-Konzern immens wichtig. Nach Firmenangaben stammen 58 Prozent des weltweit über Amazon erwirtschafteten Umsatzes von diesen Händlern. Amazon kommt ihnen nun deutlich entgegen und ändert die bisher sehr einseitigen Regeln. So wurden zum Beispiel Vorgaben zur Haftung bei kaputten Produkten umformuliert, die bisher zulasten der Händler gingen; künftig sind sie ausbalancierter. Es geht nicht nur um "amazon.de", sondern um alle Online-Marktplätze des Unternehmens.

Besseres Kündigungsrecht und einfachere Klagemöglichkeit für die Händler

Zudem wurde das Kündigungsrecht modifiziert. Bisher hatte Amazon nach Angaben des Kartellamts ein unbeschränktes Recht zur sofortigen Kündigung und der sofortigen Sperrung von Konten der Händler. Gründe musste der US-Konzern hierbei nicht angeben. Künftig gilt bei ordentlichen Kündigungen eine 30-Tage-Frist. Bei außerordentlichen Kündigungen und Sperrungen muss Amazon die Händler nun informieren und dies begründen.

Geändert wurde auch der "Gerichtsstand": Wollte ein Händler gegen Amazon vor Gericht ziehen, musste er nach Luxemburg gehen. Für manchen Mittelständler dürfte das Ausland eine Hemmschwelle gewesen sein. Künftig können unter bestimmten Voraussetzungen auch deutsche Gerichte zuständig sein. Geändert wurde auch die bisherige Geheimhaltungspflicht. Bisher durfte sich ein Händler nur über eine Geschäftsbeziehung mit Amazon äußern, wenn ihm das US-Unternehmen das vorher erlaubt hatte. Diese Klausel wird den Angaben zufolge "weitgehend reduziert".

Kartellamtschef Andreas Mundt zeigte sich zufrieden. "Für die auf den Amazon Marktplätzen tätigen Händler haben wir mit unserem Verfahren weltweit weitreichende Verbesserungen erwirkt", sagte er. Amazon teilte mit: "Um die Rechte und Pflichten unserer Verkaufspartner klarzustellen, nehmen wir einige Änderungen am Amazon Services Business Solutions Vertrag vor." Die Änderungen werden zum 16. August wirksam. Für den Privatkunden ändert sich nichts, die global gültigen Änderungen betreffen nur das Binnenverhältnis zwischen Amazon und den sogenannten Dritthändlern.

Wettbewerbshüter der EU leiten Ermittlungen gegen Amazon ein

Durch die Einigung mit dem Bundeskartellamt kann Amazon aber vorerst nur einen Teil seiner Probleme in Europa beilegen. Das EU-Kartellamt geht künftig dem Verdacht illegaler Geschäftspraktiken im Umgang von Amazon mit Marktplatz-Händlern nach. Gegen den US-Onlineversandhändler sei eine offizielle Untersuchung eingeleitet worden, teilte die EU-Kommission am Mittwoch mit. Nach ersten Erkenntnissen scheine Amazon wettbewerbssensible Informationen über Marktplatz-Händler, ihre Produkte und die Transaktionen zu nutzen, erläuterten die EU-Kartellwächter.

Die Wettbewerbshüter wollten nun vor allem der Frage nachgehen, ob und wie die Nutzung dieser Daten den Wettbewerb einschränkt. Dazu wollen sie unter anderem die Standardvereinbarungen zwischen Amazon und den anderen Marktplatzhändlern prüfen. "Der elektronische Handel hat den Wettbewerb im Einzelhandel angekurbelt und zu einer größeren Auswahl und günstigeren Preisen geführt", sagte die zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager. "Wir müssen sicherstellen, dass große Online-Plattformen diese Vorteile nicht durch wettbewerbswidriges Verhalten aushebeln."

Für die Untersuchung gibt es keine Frist. Sollte die EU-Kommission letztlich illegales Verhalten feststellen, kann sie Strafen in Milliardenhöhe verhängen.

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