Amazon, Google, Facebook und Uber:Deutschland gegen die Monopolisten der Zukunft

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Amazon wurde vom Buchshop zum Händler für einfach alles - ganz ohne Kartellprüfung. (Archivbild aus einem Versandlager im US-Bundesstaat Washington) (Foto: AP)

Amazon, Google, Facebook und Uber können fast ungestört tun, was sie wollen. Nun will die Bundesregierung das digitale Laissez-Faire beenden. Höchste Zeit.

Kommentar von Markus Balser

Es ist besser, Pirat als in der Navy zu sein": das aggressive Firmenmotto, mit dem Apple-Gründer Steve Jobs den Computerkonzern in seinen Anfangsjahren antrieb, steht für den wilden Aufstieg einer ganzen Branche. Egal ob Google, Amazon, Microsoft oder Facebook - die IT-Größen von heute haben die Gunst der Stunde genutzt. Sie sind rasant gewachsen, bevor Regeln ihre Expansion begrenzen konnten. Wettbewerber wurden da schon mal mit allen Mitteln aus dem Markt gedrängt. Nicht nur Innovationen, auch die Regellosigkeit digitaler Märkte haben Google und Co groß gemacht.

Die Politik ist gefragt: Internetkonzerne müssen durch globale Regeln gezähmt werden

Sehr lange hat die Politik zugesehen, wie die Unternehmen zuerst den Alltag weniger radikal veränderten, dann Märkte und ganze Branchen kaperten. So wurde Google von der Suchmaschine zum größten Datensammler der Welt. Und so wurde Amazon vom Buchshop zum globalen Händler für einfach alles. Kartellprüfung? Wettbewerbsaufsicht? Einschnitte zu befürchten hatten IT-Konzerne bislang nicht. Denn spezialisierte Kontrollbehörden oder eine digitale Ordnungspolitik gibt es nicht.

Dabei machen neue Anbieter wie der Fahrdienst Uber klar, dass bei der digitalen Revolution mehr auf dem Spiel steht, als die Verdrängung von einem Geschäftsmodell durch ein neues: Wo sich Selbständige über Plattformen zu Niedriglöhnen anbieten, geht es auch um die Errungenschaften der Sozialen Marktwirtschaft.

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Jetzt sucht die Bundesregierung die Konfrontation mit der Branche. Noch wird das in der breiten Öffentlichkeit kaum realisiert. Doch die Politik hat sich vorgenommen, der Freiheit der Wirtschaft im Netz Grenzen zu setzen. Im März stellte das Wirtschaftsministerium auf der Cebit sein Weißbuch für die Digitale Wirtschaft vor.

Es ist der erste Versuch, ein Ordnungsrecht und damit Spielregeln zu entwerfen. Derzeit treibt die Bundesregierung während ihrer G-20-Präsidentschaft auch noch ein internationales Abkommen der großen Industrie- und Schwellenländer voran. Die Initiative einzelner Länder ist gefragt, denn globale Organisationen gibt es, anders als bei anderen wichtigen grenzüberschreitenden Themen wie Währung (IWF), Handel (WTO) oder Umwelt (UNEP), für das Netz bislang nicht.

Die Branche wehrt sich. Sie fürchtet um ihre Freiheiten und sieht die Innovationskraft digitaler Unternehmen in Gefahr. Doch es ist Zeit für einen internationalen Ordnungsrahmen. Die Bundesregierung ergreift die vielleicht letzte Chance, gefährliche Monopole in Zukunftsgeschäften zu vermeiden, die Innovationen gerade ausbremsen. Den Wettbewerb bei Suchmaschinen oder Netzwerken hat die Politik längst abgeschrieben. Nun muss sie wenigstens vermeiden, dass sich die Fehler der Laissez-Faire-Haltung in anderen Bereichen wiederholen.

Die Digitalisierung erreicht nach Verlagen und Musikgeschäft gerade auch jene Sektoren wie Maschinenbau oder die Autoindustrie, die zum Zentrum der deutschen Wirtschaft zählen. Würden Google, Apple und Co. auch hier ihre Betriebssysteme als Standard durchsetzen, um anschließend Anwendungen und Innovationsgeschwindigkeiten zu bestimmen, wäre der Rest der Industrie zu Zulieferern degradiert. Das Geschäft mit Daten würden die Amerikaner an sich reißen. Neuen Anbietern oder der traditionellen Industrie wäre das Geschäftsmodell der Zukunft verwehrt. Ohne neue Regeln wäre das kaum zu verhindern. Denn die Gesetze der alten Welt stoßen bei neuen Technologien immer häufiger an ihre Grenzen.

Dass die Politik sich endlich systematisch mit diesem Problem auseinandersetzt, ist richtig. Neue Gesetze zu formulieren wird allerdings zur Gratwanderung. Es darf dabei nicht darum gehen, die Verdrängung alter Industrien durch neue Angebote aufzuhalten. Sondern darum, das Recht des Stärkeren einzuschränken.

Ziel muss eine Ordnung digitaler Märkte sein. Zu finden ist ein Rechtsrahmen, der Innovationen fördert ohne rechtsfreie Räume zu schaffen. Neue IT-Anbieter - Messenger- oder Telefonie-Dienste - müssen etwa den gleichen Regeln bei Kunden- oder Datenschutz unterliegen wie klassische Telekommunikationsunternehmen, mit denen sie konkurrieren.

Digitale Plattformen müssen transparent und offen sein, um Konkurrenz zu ermöglichen. Wettbewerbsbehörden müssen schnellere Eingriffsmöglichkeiten bekommen als bisher. Wie solche neue Regeln künftig durchgesetzt werden sollen, lässt die Politik bislang offen. Wolkig ist von einer europäischen Lösung die Rede. Das ist zu wenig. Wer Recht schafft, muss auch auf dessen Durchsetzung pochen.

© SZ vom 11.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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