Altmaier in Paris:Der Frankreich-Versteher

Bundeswirtschaftsminister Altmaier zu Besuch in Paris: Es gilt, das Verhältnis zu Frankreich zu kitten und Präsident Macron zu unterstützen. Es geht auch um gutes Essen - und ein Staatsgeheimnis.

Von Leo Klimm, Paris

Euro-Politik, Brexit, Populismus. Peter Altmaier hat auf alle Fragen eine Antwort. Der Bundeswirtschaftsminister sitzt in einem Pariser Luxushotel mit Unternehmern und anderen Honoratioren beim Frühstück und parliert in flüssigem Französisch über die großen Themen der Zeit. Nur einer Frage weicht er aus: "Welches ist Ihr Lieblingsrestaurant in Paris?" Sein Faible für gute Küche sei doch bekannt, alles andere sei "ein Staatsgeheimnis", sagt der deutsche CDU-Minister - und hat die Lacher auf seiner Seite.

Altmaier ist unterwegs in Sachen deutsch-französische Beziehungspflege. Das ist nötig, denn die Beziehung hat gelitten. Seit Emmanuel Macron im Mai 2017 gewählt wurde, hat die Bundesregierung mit deutscher Gründlichkeit die wirtschaftspolitischen Visionen des französischen Präsidenten für Europa kaputtverhandelt. Von der Idee eines Euro-Finanzministers bleibt nichts. Aus dem Vorstoß für ein Euro-Zonen-Budget mit makroökonomischer Stabilisierungskraft wurde ein kleines "Finanzinstrument" im EU-Haushalt. Das Projekt einer fairen Besteuerung von US-Internetriesen muss Frankreich alleine umsetzen. Und nun gibt Macron selbst etwas von seinem europäischen Ehrgeiz auf: Um die massiven Proteste der Gelbwesten-Bewegung zu beruhigen, nimmt der Präsident in Kauf, dass Frankreich 2019 die EU-Defizitkriterien verletzt. Altmaier aber gibt den unerschütterlichen Optimisten: Ausgerechnet jetzt glaubt er an einen neuen deutsch-französischen Aufbruch. Wo immer er in Paris auftaucht, ob im Luxushotel, beim Bildtermin vor dem Eiffelturm oder im Ministerium seines Amtskollegen Bruno Le Maire: Altmaier spricht von "neuer Dynamik", von "Elan" und von "Schwung". Anders als mancher Parteikollege verkneift er sich bissige Bemerkungen zu Macrons neuem Schuldenkurs. Stattdessen: "Es gehört zur Partnerschaft, dass man nicht bei jeder Gelegenheit die Entscheidungen und die Politik des anderen kommentiert."

Die Rolle als Frankreich-Versteher ist dem Saarländer und früheren EU-Beamten auf den Leib geschneidert. Mit Le Maire und anderen Pariser Spitzenpolitikern verbinden ihn langjährige Freundschaften. Außerdem gibt es im Bundeskabinett nicht so viele, die Altmaier diese Rolle streitig machen können - oder wollen. Als er im Frühjahr das Amt des Finanzministers, das er einige Monate kommissarisch geführt hatte, an Olaf Scholz (SPD) abgab, bemerkte die französische Seite schnell: Auf einen Beziehungsbonus brauchte sie in den Verhandlungen zur Zukunft der Euro-Zone nicht mehr zu setzen.

Doch Altmaier kommt als Wirtschaftsminister wieder, mit Vorschlägen, die ganz nach französischem Geschmack sind. "Mit dem Airbus für künstliche Intelligenz habe ich den ersten konkreten industriepolitischen Vorschlag seit Airbus und der Ariane-Rakete gemacht", brüstet er sich. Industriepolitik, das war lange eine französische idée fixe, die in Deutschland verpönt war. Am Dienstag nun redet Altmaier mit Le Maire über Kooperationsprojekte zur Künstlichen Intelligenz und bei Batteriezellen. Trieben beide Länder die Entwicklung dieser Zukunftstechnologien nicht gemeinsam voran, gingen in Europa Millionen Jobs verloren, sagt er. Und dass "die Zeit der Sonntagsreden vorbei" sei. Die Regierungen Deutschlands und Frankreichs wollen nun eine gemeinsame Strategie ausarbeiten, damit die EU bei der Fertigung von Batteriezellen nicht den Anschluss auf dem Weltmarkt verliert. Altmaier und Le Maire unterzeichneten am Dienstag eine entsprechende Absichtserklärung. Le Maire sprach von einem "veritablen Durchbruch". In der gemeinsamen Erklärung heißt es, die Batteriefertigung sei eine "Schlüsseltechnologie" für die Industrie - für Elektro-Autos und andere Transportsysteme, für die Speicherung erneuerbarer Energien und für die Energienutzung privater Haushalte.

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