Was ist so kompliziert wie die jährliche Steuererklärung? Antwort: Der Versuch, sich - frühzeitig - einen Überblick über die eigene Altersvorsorge zu verschaffen. Da ist zum einen die gesetzliche Rente, hinzu kommen oft Betriebsrenten und Verträge mit Versicherungen und Anlagegesellschaften, Riester-Vorsorge inklusive. Schon heute informieren alle "Versorgungsträger" regelmäßig irgendwie, aber wie passt das alles zusammen? Millionen Bürger möchten endlich wissen: Wie viel erhalte ich im Alter wann und von wem? Die Regierung will Abhilfe schaffen.
Was tut die Bundesregierung?
Versprochen wurde es schon oft, aber jetzt sollen die Bundesbürger tatsächlich einen offiziellen Überblick über ihre Altersvorsorge im Internet abrufen können. Die "Digitale Rentenübersicht", sagt Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD), solle "den Kenntnisstand der Bürgerinnen und Bürger über die eigene Altersvorsorge verbessern. Denn nur wer Bescheid weiß, kann gut vorsorgen." Heil gibt sein Wort: "Die Ansprüche aus gesetzlicher, privater und betrieblicher Vorsorge werden dann einfach und auch für Laien nachvollziehbar auf einem Online-Portal abrufbar sein." Den Weg dafür machte das Kabinett am Mittwoch frei.
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Wann wird es die erste brauchbare Rentenübersicht für alle geben?
Von 2023 an, verspricht Heil, werde die digitale Rentenübersicht "allgemein verfügbar" sein. Wohl eher Ende 2023 dürfte es ein vorzeigbares Internet-Portal geben. Das Gesetz, so der Fahrplan, wird Ende 2020 in Kraft treten. Danach beginnt die Entwicklungsphase. Sie wird organisiert von der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund). Unter ihrem Dach soll eine "Zentrale Stelle für die Digitale Rentenübersicht" geschaffen werden. Mitte 2022, also 21 Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes, soll eine erste, freiwillige Betriebsphase mit ausgewählten Vorsorgeeinrichtungen starten. Anderthalb Jahre später, also Ende 2023, wird wohl der Pflichtbetrieb für die betroffenen Versorgungseinrichtungen starten, zunächst womöglich noch mit Übergangsfristen. Genau wird das noch per Rechtsverordnung geregelt.
Wie realistisch ist der Zeitplan?
Die DRV Bund hält ihn für "ambitioniert, aber grundsätzlich machbar". Er gilt als viel weniger anspruchsvoll als die Einführung einer abgespeckten Bedürftigkeitsprüfung bei der Grundrente, wofür bis zu 2000 Leute eingestellt werden sollen. Allerdings: Die Regierung hatte Ende 2019 auch versprochen, Millionen Betriebsrentner von Januar 2020 an bei Kassen- und Pflegebeiträgen zu entlasten. Bis heute konnten Krankenkassen und Versorgungsträger noch keine Lösung präsentieren.
Wer legt fest, wie die Rentenübersicht konkret aussehen wird?
Das soll ein Steuerungsgremium bei der "Zentralen Stelle für die Digitale Rentenübersicht" leisten. Das Gremium wird mit Vertretern aus Einrichtungen der gesetzlichen, betrieblichen und privaten Altersvorsorge besetzt. Im Einvernehmen sollen Inhalt und Aussehen der Rentenübersicht geregelt werden.
Was sagen die Unternehmen?
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft begrüßt den Kabinettsbeschluss. Die Branche habe sich für die digitale Rentenübersicht eingesetzt. Jetzt müsse "alles getan werden, um schnelle und pragmatische Lösungen zu finden", die für alle Einrichtungen tragbar seien. Zuvor gab es kritische Stimmen: "Wird die digitale Rentenübersicht zum Bürokratie-Monster?", fragte der Informationsdienst Versicherungswirtschaft heute. Die Regie der DRV Bund ist der Branche nicht geheuer - und dass deren "technische Architektur" Vorrang haben soll.
Was darf nicht vergessen werden?
Das Portal sollte auch informieren über die Besteuerung von Renten und über die absehbare Belastung durch Kassen- und Pflegebeiträge.