Altersversorgung:Prognose für 2040: Rentner in großen Städten werden es schwer haben

  • Das Beratungsunternehmen Prognos hat untersucht, wie sich für typische Frauen- und Männerberufe die Renten in den nächsten 25 Jahren entwickeln.
  • Klar ist: In Ballungsräumen können Arbeitnehmer besser verdienen, aber Rentner haben dort ein Problem.

Von Thomas Öchsner, Berlin

Im deutschen Rentensystem gibt es einen Muster-Rentner. Sie oder er arbeitet 45 lange Jahre, in Zukunft wegen der Rente mit 67 sogar 47 Jahre, und verdient dabei stets so wie der Durchschnitt aller Versicherten. Das sind derzeit 2917 Euro brutto im Monat. Dieser sogenannte Eckrentner kommt im Moment auf ein Altersgeld von 1314 Euro vor Abzug von Steuern und Krankenversicherung. Diese wichtige Rechengröße entspricht aber nicht der Realität auf dem Arbeitsmarkt.

Nur wenige Menschen schaffen es, 45 Jahre lang ununterbrochen Sozialabgaben zu zahlen. Viele arbeiten mal Teilzeit, sind vorübergehend arbeitslos oder selbständig, kümmern sich um ihre Kinder, und natürlich verdienen sie mal mehr oder weniger als den Durchschnittslohn. Die Prognos AG hat deshalb in einer Studie im Auftrag der deutschen Versicherer einen neuen Ansatz gewagt.

Altersgeld

Altersgeld Was das Altersgeld 2040 wert ist

(Foto: Grafik: SZ)

Rentner-Paradiese eher in den neuen Bundesländern

Das Beratungsunternehmen hat untersucht, wie sich für typische Frauen- und Männerberufe die Renten in den nächsten 25 Jahren entwickeln. Dabei wurden sowohl die typischen Lebensläufe berücksichtigt wie auch die Kaufkraft und regionale Unterschiede in der Wirtschaftsentwicklung. Das Hauptergebnis umschreibt Michael Böhmer, Chefvolkswirt bei Prognos, so: "Die Rentner-Paradiese werden mit Sicherheit nicht in den teuren Metropolen Deutschlands liegen."

Die Bundesregierung erwartet zukünftig Rentensteigerungen von durchschnittlich gut zwei Prozent. Sie rechnet jedoch immer nur für die nächsten 15 Jahre. Prognos riskiert einen Ausblick bis ins Jahr 2040. Nach dieser Prognose werden die Renten in den nächsten 25 Jahren stärker steigen als die Inflation. Sie können allerdings nicht mit der Lohnentwicklung mithalten, und das Rentenniveau sinkt. Gemessen am vorherigen Einkommen werden die Altersbezüge daher 2040 deutlich niedriger ausfallen als heute. Der Eckrentner mit 47 Beitragsjahren kommt dann mit seiner Bruttorente nur noch auf 39 Prozent seines früheren Verdiensts verglichen mit 46 Prozent heute, während der Beitragssatz für die Rente auf satte 24 Prozent anzieht. "Das sinkende Rentenniveau bedeutet, dass sich die Rentner in 25 Jahren - gemessen an ihrem letzten Erwerbseinkommen - etwa ein Sechstel weniger leisten können", heißt es beim Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft.

Gutes Leben in den neuen Bundesländern

Für Prognos ist jedoch nicht die Höhe der Rente entscheidend, sondern was sich Ruheständler davon tatsächlich leisten können. Und hier gibt es in den 402 untersuchten Kreisen und kreisfreien Städten beträchtliche Unterschiede. Heute liegen die Rentner-Paradiese eher in den neuen Bundesländern. Dort haben die Rentner mehr von ihrem Geld, auch weil die Mieten günstiger sind als im Westen. Außerdem sind die Durchschnittsrenten im Osten höher, vor allem weil Frauen dort mehr erwerbstätig waren. So werden im Durchschnitt im Osten des Landes 1020 Euro pro Monat gezahlt, in Westdeutschland nur 833 Euro. Diese Zahlen sagen aber nichts über das gesamte Alterseinkommen aus. Das ist im Westen oft viel höher als im Osten, weil die West-Rentner häufig noch andere Einkünfte haben.

Heideblüte in der Lüneburger Heide

Die Rentner-Paradiese werden in Zukunft wohl eher nicht in den Metropolen Deutschlands liegen.

(Foto: Philipp Schulze/dpa)

2040 wird laut Prognos die deutsche Rentenwelt völlig anders aussehen: "Ein Ost-West-Gefälle wird es dann nicht mehr geben", sagt Studienautor Böhmer. Vielmehr mache die Region den Unterschied aus. Wenig überraschend dabei ist, dass die Renten in wachstumsstarken Gebieten wie in Bayern, Hamburg oder in weiten Teil Baden-Württembergs überdurchschnittlich hoch ausfallen. Wirtschaftliche Kraftzentrum sind aber weder heute noch in Zukunft die besten Orte für Rentner, zumindest wenn es darum geht, was sie sich vom Altersgeld kaufen können. Teure, große Städte schneiden eher schlecht ab: In München etwa werde der Euro für Rentner in Zukunft fast ein Viertel weniger wert sein als im Bundesdurchschnitt, heißt es bei Prognos. In Bayern, nahe der tschechischen Grenze, könnten Rentner 2040 hingegen besonders gut leben, weil die Region wirtschaftlich wächst und zugleich niedrige Lebenshaltungskosten bietet.

München oder Tirschenreuth - das kann bei Ingenieuren gut 1200 Euro Unterschied bedeuten

Prognos rechnet anhand der ausgewählten Musterberufe zum Beispiel vor: Eine Verkäuferin mit zwei Kindern hat 2040 - in heutigen Werten gerechnet - in München eine Rentenkaufkraft von 838 Euro, in Tirschenreuth in der Oberpfalz 1313 Euro. Noch größer sind die Unterschiede bei einer Teamleiterin ohne Kind. Sie kommt in München auf 1877 Euro, in Tirschenreuth auf 3009 Euro. Ähnlich sieht es bei Männerberufen aus: Der Elektroinstallateur hätte 2040 in München eine Kaufkraft von 1113 Euro (Grafik), in Tirschenreuth wären es 1768 Euro, also 655 Euro mehr. Bei einem Entwicklungsingenieur beläuft sich die Differenz zwischen beiden Orten sogar auf mehr als 1200 Euro.

Die Prognose kann allerdings nur einen Trend zeigen. Die Zahlen sollte man nicht allzu genau nehmen, da sie auf zahlreichen Annahmen über die Entwicklung der Löhne, der Inflation, der Zahl der Erwerbstätigen und der Zuwanderung beruhen. Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) merkt an: "Die Aussagekraft von Studien, die die Rentenhöhe auf den Euro genau bis zum Jahr 2040 fortschreiben, ist eher begrenzt." Weitere Rentenreformen könnten zu ganz anderen Ergebnissen führen.

So erinnert die DRV an eine Prognos-Studie, die Ende der 80er-Jahre entstand. Damals berechnete das Unternehmen für 2015 einen Beitragssatz für die Rentenversicherung von 25 Prozent. Tatsächlich liegt er jetzt bei 18,7 Prozent. Prognos-Chefvolkswirt Böhmer sagt zu solchen Einwänden: "Uns gäbe es nicht mehr, wenn wir immer daneben liegen würden".

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: