Altersversorgung:CDU-Fachleute legen ein Konzept gegen Altersarmut vor

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Rentnerin in Hannover: Politiker fragen sich zunehmend, wie es mit der Altersversorgung weitergehen soll. (Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Künftig sollen Staat, Arbeitgeber und Arbeitnehmer je ein Drittel der Beiträge finanzieren. Auch nicht abgesicherte Selbständige sollen in die Rentenkasse einzahlen.

Von Thomas Öchsner, Berlin

Am 5. Juni 1956 schickte der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) den Gesetzesentwurf für seine große Rentenreform an den Bundestagspräsidenten. Millionen Rentner lebten damals im Schatten des Wirtschaftswunders in Armut. Adenauer war klar: So konnte es nicht weitergehen. Also stellte man 1957 das System um und dabei wurden unter anderem die Alten am steigenden Wohlstand der Jungen beteiligt. Die Rente richtete sich von da an auch nach dem Lohnniveau. Die dynamische Rente war geboren.

Heute fragen sich Politiker wieder, wie es mit der Rente weitergehen soll. Zu diesen Besorgten gehören auch Peter Weiß, Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Rentenpolitik, und Eva Welskop-Deffaa, Chefin der Arbeitsgruppe Rente in der CDU. Der CDU-Mann und die Gewerkschafterin, die Mitglied des Bundesvorstands von Verdi ist, haben nun neue Vorschläge für eine Reform der Rentenversicherung vorgelegt. Ihre Ideensammlung "Die Rente 4.0 - das Konzept der dynamischen Rente für die Arbeitswelt der Zukunft" dürfte die Diskussion um die Altersvorsorge weiter befeuern.

Derzeit liegt das Rentenniveau, also das Verhältnis der Renten zu den Löhnen, bei knapp 48 Prozent. Gesetzlich gesichert ist nur, dass es bis 2030 nicht unter 43 Prozent sinken soll. Doch alle Prognosen zeigen, dass es danach noch tiefer fallen wird.

Die CDU-Rentenexperten fordern deshalb, dass der Staat ein Mindestrentenniveau bis 2070 garantieren soll. Dieses sollte aber höher sein als die gesetzlich angepeilten 43 Prozent. Sonst müssten künftig auch viele langjährig Versicherte als Rentner zum Sozialamt und die staatliche Grundsicherung im Alter beantragen, heißt es in ihrem Papier. Das Rentenrecht verstoße "perspektivisch gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: Eine Pflichtversicherung ist nur vertretbar, wenn ein ausreichender Mehrwert/Abstand der Standardrente im Vergleich zur vorleistungsfreien Grundsicherung gesichert ist", schreibt das Duo.

Wie aber lässt sich ein so weit reichender Mindestschutz finanzieren? Der Zuschuss des Bundes, der sich bereits auf etwa 30 Prozent oder mehr als 60 Milliarden Euro beläuft, soll zukünftig bis zur Beitragsbemessungsgrenze in gleicher Höhe fließen wie die Arbeitnehmerbeiträge, ohne dass es über dessen Höhe wie bei früheren Reformen einen politischen Kuhhandel gibt. Bei dieser "Drittelparität" zahlen Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Bund jeweils einen gleich hohen Beitrag. Zugleich schlagen Weiß und Welskop-Deffaa eine zweite Beitragsbemessungsgrenze vor. Diese soll bei 50 Prozent über der Regelgrenze (derzeit 6200 Euro im Westen) liegen, das wären etwa 9000 Euro im Monat. Die Beiträge oberhalb der normalen Beitragsgrenze werden aber nicht staatlich ko-finanziert. Gleichzeitig sollen in die Rentenkasse künftig auch Selbständige einzahlen, "sofern sie nicht in einem berufsständischen Versorgungswerk abgesichert sind".

Die CDU-Vordenker wollen so erreichen, dass Menschen, die in einer digitalisierten Arbeitswelt oft den Job wechseln und auch verstärkt selbständig sind, weniger schnell in die Altersarmut rutschen. Gleichzeitig könnten Arbeitnehmer wie Selbständige "in guten Jahren mehr Rentenansprüche erwerben und so niedrige Anwartschaften in schlechten Jahren ausgleichen", sagt Weiß.

In dem Papier wird außerdem angeregt, die Rentenreserve zu erhöhen. Derzeit ist der Rentenbeitrag zu senken, wenn die Rücklage der Rentenversicherung das 1,5 Fache ihrer üblichen Monatsausgabe überschreitet. Eine Erhöhung ist fällig, wenn das Finanzpolster auf das 0,2-Fache einer Monatsausgabe schmilzt. Die CDU-Rentenfachleute wollen die Obergrenze abschaffen und die Untergrenze auf 0,5 Monatsausgaben anheben. Die Rentenversicherung soll dadurch eine vor dem Zugriff des Staates geschützte Kapitalreserve bekommen, "die künftig zur Dämpfung des Beitragsanstiegs genutzt werden kann".

Ein anderer Vorschlag gilt allen Ehepaaren: In der Regel werden bei Scheidungen die in der Ehe erworbenen Rentenansprüche geteilt. Die CDU-Experten sprechen sich nun dafür aus, mit Beginn der Ehe die Rentenansprüche gleich zu splitten - jeder sieht so, woran sie oder er ist. Zugleich soll es die Chance geben, die Beiträge freiwillig aufzustocken, um für eine Scheidung besser abgesichert zu sein. Die, sagt Welkskop-Deffaa, "ist eines der größten Risiken für Altersarmut".

© SZ vom 06.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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