Süddeutsche Zeitung

Allianz-Vermögensreport:Reiche werden noch reicher

Der Wohlstand wächst, allerdings nicht bei allen - daran ändert auch die Pandemie nichts.

Von Christian Bellmann, Köln

Der Boom an den Aktienmärkten hat das Vermögen von Privatpersonen im vergangenen Jahr weltweit stark ansteigen lassen. Das Brutto-Geldvermögen der privaten Haushalte hat sich 2019 gegenüber 2018 um 9,7 Prozent auf 192 Billionen Euro erhöht, hat der Versicherer Allianz errechnet. Das ist der stärkste Anstieg seit 2005. Angesichts der Tatsache, dass 2019 von sozialen Unruhen, Handelskonflikten und einer industriellen Rezession geprägt war, sei diese Entwicklung mehr als erstaunlich, heißt es in der aktuellen Ausgabe seines "Global Wealth Report".

Im Rahmen der Studie untersucht die Allianz einmal im Jahr das Geldvermögen und die Schulden der Privathaushalte in 57 Ländern. Zum Geldvermögen zählen neben Bargeld und Bankeinlagen die Ansprüche, die Verbraucher gegenüber Versicherungsgesellschaften und Pensionsfonds haben, sowie die Beträge, die sie in Wertpapieren halten. Das sind Aktien, Anleihen und Investmentfonds. Immobilien gehören nicht dazu.

Auch die Schulden, die Privathaushalte haben, nahmen im vergangenen Jahr zu. Der Schuldenstand stieg um 5,5 Prozent auf 46 Billionen Euro, und damit weniger stark als das Brutto-Geldvermögen.

Abzüglich der Schulden verblieb den Haushalten unterm Strich ein Netto-Geldvermögen von 146 Billionen Euro, das sind 11,1 Prozent mehr als 2018.

Das kräftigste Vermögenswachstum wurde bei den Wertpapieren verzeichnet. Die darin investierten Werte stiegen, angetrieben durch die weiter gesunkenen Zinsen, um 13,7 Prozent. Das ist der höchste Wert seit der Jahrtausendwende. Bankeinlagen legten um 6,4 Prozent zu. Das Geld, das den Verbrauchern durch Verträge mit Versicherungsgesellschaften und Pensionseinrichtungen zusteht, erhöhte sich um 8,1 Prozent. Auch dabei dürfte der Aufwind an den Kapitalmärkten eine Rolle gespielt haben.

Bei den Privathaushalten in Deutschland stieg das Brutto-Geldvermögen 2019 um 7,2 Prozent auf knapp 6,7 Billionen Euro. Betrachtet man das Netto-Geldvermögen pro Kopf, belegt Deutschland mit durchschnittlich 57 100 Euro Platz 18 in der Rangliste der 20 reichsten Länder weltweit. Auf Platz eins lagen 2019 die USA mit umgerechnet knapp 210 000 Euro, gefolgt von der Schweiz mit etwas über 195 000 Euro und Singapur mit 117 000 Euro.

Eine weitere Beobachtung der Allianz: Das Wohlstandsgefälle zwischen reichen und armen Ländern vergrößert sich wieder. Im Jahr 2000 war das Netto-Geldvermögen pro Kopf in den Industrieländern im Durchschnitt 87-mal höher als in Schwellenländern. Bis 2016 hatte sich dieses Verhältnis auf 19-mal verbessert, 2019 betrug der Faktor wieder 22. Auch wenn die Schwellenländer in den vergangenen Jahren gegenüber den Industrieländern stark aufgeholt haben: Die Kluft zwischen Arm und Reich ist immer noch riesig und nimmt weiter zu. Laut Allianz befinden sich 84 Prozent des weltweiten Vermögens im Besitz der reichsten zehn Prozent, auf das reichste ein Prozent der Menschheit entfallen knapp 44 Prozent.

Trotz der Corona-Krise wird das weltweite Vermögen dank der Hilfemaßnahmen von Regierungen und Zentralbanken auch in diesem Jahr wohl weiter steigen, prognostiziert die Allianz. Dabei könnte auch eine Rolle spielen, dass viele Menschen in den ersten Monaten nach Ausbruch der Pandemie wegen der wirtschaftlichen Unsicherheiten und der Einschränkungen während des Lockdowns weniger ausgegeben haben als vorher. Nicht alle der verschobenen Anschaffungen werden sie dieses Jahr nachholen.

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