Süddeutsche Zeitung

Allianz:Digital und trotzdem teuer

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Die Allianz will in der Lebensversicherung zunehmend junge Kunden anlocken und erfindet ein neues Produkt, das digital, flexibler und hipper sein soll. Bei den Kosten langt der Konzern allerdings ordentlich zu.

Von Herbert Fromme, Köln

Viele junge Leute können mit Versicherungen wenig anfangen. Das gilt erst recht für die Lebensversicherung. Sie gilt als Inbegriff des Spießigen, als unflexibel und teuer. Die meisten 18- bis 25-Jährigen haben nur dann eine Lebensversicherung, wenn die Eltern oder Oma und Opa sie für den Nachwuchs abgeschlossen haben - sonst nicht.

Die Allianz-Lebensversicherung in Stuttgart ist mit weitem Abstand Marktführer. Sie versucht jetzt, diese solide Wand der Ablehnung beim Nachwuchs zu durchbrechen. Dafür hat sie mit "Fourmore" ein Angebot aufgelegt, das sich direkt an jüngere Menschen richtet. Das fängt mit dem Namen an. "Fourmore" soll irgendwie an "für mehr" erinnern.

Die Besonderheit ist die Flexibilität. Wer 25 Euro einzahlt, kann einen Vertrag abschließen, der dann wie ein Sparbuch funktioniert. Der Kunde zahlt nach Wunsch einzelne Beträge ein oder per Dauerauftrag, er kann Geld abheben und mit 67 zwischen einer privaten Rente und einer Einmalauszahlung wählen. In vielem ähnelt das Ganze einem Sparkonto. Ein ähnlich flexibles Angebot hat die Berliner Ideal 2015 auf den Markt gebracht.

Wenn der Kunde 67 wird und die Police abläuft, soll er mindestens das eingezahlte Geld wieder herausbekommen. Darüber hinaus gibt die Allianz keinerlei Zinsgarantie, wie sie bei vielen heute aktiven Verträgen üblich ist.

Abschluss und Betrieb laufen voll digital, obwohl der Versicherer seinen Kunden die Möglichkeit gibt, Hilfe per Telefon oder beim Vertreter zu holen. Aktuell können nur Kunden selbst abschließen, bald aber auch Vertreter für ihre Kunden.

Bei den Kosten langt der Allianz-Konzern richtig zu. Für jede Einzahlung sind vier Prozent fällig - wer 100 Euro einzahlt, findet auf seinem Auszug nur 96 Euro. Außerdem müssen Kunden jährlich 0,8 Prozent des gesamten angesparten Geldes als Verwaltungsgebühr zahlen, dazu kommen 0,18 Prozent für das Management der Kapitalanlage.

Das ist nicht außergewöhnlich teuer - wenn man es mit konventionellen, nicht-digitalen Angeboten in der Lebensversicherung vergleicht. Aber eigentlich sollte ein digitaler Vertrag günstiger sein, schließlich erledigt der Kunde dabei zahlreiche Verwaltungsvorgänge kostenlos für den Versicherer. Mit den hohen Kosten verliert das neue Angebot viel von seinem digitalen Charme. Immerhin: Wer Geld abhebt und später wieder einzahlt, muss dafür keine vier Prozent zahlen.

Volker Priebe, Produktvorstand bei der Allianz Leben, findet die Kritik an der Kostenbelastung nicht berechtigt. "Schließlich bieten wir nicht nur höchste Flexibilität, sondern auch die internationalen Möglichkeiten der Allianz bei den Kapitalanlagen", sagt er. Damit stehe der Kunde besser da, als bei vielen Konkurrenten.

Mit der Kostenbelastung traditioneller Verträge sei die des neuen Angebots nicht vergleichbar, weil bei "Fourmore" keine festen Einzahlungen über einen vereinbarten Zeitraum stattfinden. "Es stimmt, ein Sparbuch ist billiger als Fourmore, aber was hat der Kunde schließlich davon?", fragt Priebe.

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Quelle:
SZ vom 01.08.2018
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