Süddeutsche Zeitung

Allianz:Allianz-Deutschlandchef tritt zurück

  • Der Versicherer Allianz bekommt einen neuen Deutschlandchef. Manfred Knof gibt den Posten zum Jahresende auf.
  • Zwischen ihm und Allianz-Vorstandschef Bäte hatte es immer wieder handfesten Streit gegeben.

Von Herbert Fromme, Köln

Zuletzt war es sehr ruhig geworden um das angeblich schlechte Verhältnis zwischen Allianz-Konzernchef Oliver Bäte und Deutschland-Chef Manfred Knof. Die beiden arbeiteten eng zusammen und sähen sich häufig für mehrere Stunden, um die Digitalisierung des Konzerns voranzubringen, ließen die PR-Experten des Konzerns streuen.

Offenbar war doch nicht alles in Ordnung. Denn Manfred Knof verlässt nach Informationen der Süddeutschen Zeitung spätestens bis Ende des Jahres den Versicherungskonzern. Der 52-jährige Knof habe mit Wirkung zum 31. Dezember 2017 gekündigt und wolle sich nach mehr als 20 Jahren in Sanierungs- und Spitzenjobs bei der Allianz aus gesundheitlichen Gründen eine Auszeit gönnen, heißt es bei Personen, die mit dem Vorgang vertraut sind. Knof und die Allianz wollten sich dazu nicht äußern.

Noch vor einem halben Jahr gab es einen handfesten Krach zwischen dem Weltkonzern Allianz SE unter Bäte und der wichtigsten operativen Gesellschaft in Deutschland unter Knof. Bätes Führungsstil, Probleme mit der Konzern-IT und unterschiedliche Auffassungen zur Produktentwicklung bestimmten die Debatte. Dass Knof in einem unbedachten Moment sagte, er traue sich Bätes Job zu, hat dem Verhältnis auch nicht gerade geholfen.

Jetzt geht er auf eigenen Wunsch. Nachfolger soll der jetzige Italien-Chef der Allianz werden, heißt es bei den Insidern. Klaus-Peter Röhler, ebenfalls 52 Jahre alt, hat einen ausgezeichneten Ruf im Konzern. Dazu trägt bei, dass er in Italien vorbildliche Digitalisierungsprojekte umgesetzt hat. Der neue Chef ist gelernter Bankkaufmann und promovierter Jurist. Er arbeitet seit 1996 für den Versicherer und entspannt sich beim Reiten, Fischen und Segeln. Die Personalie soll schon an diesem Dienstag bei einer Aufsichtsratssitzung der Allianz Deutschland bestätigt werden.

Das Verhältnis von Bäte und Knof war nie einfach. 2008 holte der damalige Konzernchef und heutige Aufsichtsratsvorsitzende Michael Diekmann Oliver Bäte von McKinsey in den Vorstand der Allianz. Der Unternehmensberater mit visionären Ideen für die digitale Zukunft des Konzerns lässt seine eigene Organisation gelegentlich ratlos zurück. Ihm fehle die nötige Bodenhaftung in der Allianz, er führe sprunghaft, monieren interne Kritiker. Knof ist dagegen durch und durch Allianzer. Der Jurist und Betriebswirt ist seit 1995 im Konzern und wurde schon bald gefragter und erfolgreicher Feuerwehrmann bei Allianz-Problemen. Bei der - später gescheiterten - Fusion mit der Dresdner Bank leitete er anfangs das Transformationsprogramm. Knof sanierte die Allianz-Präsenz im schwierigen Schweizer Markt und schloss weitgehend geräuschlos den größten Teil des Geschäfts in Russland. 2015 machten Diekmann und Bäte Knof zum Deutschlandchef, an ihm führte kein Weg vorbei.

2016 verdiente die Allianz satte 7,4 Milliarden Euro nach Steuern, davon stammte mehr als ein Viertel von der deutschen Tochter. Aber der steigende Gewinn verdeckt die Tatsache, dass der Primus wie die gesamte Branche mit großen Veränderungen im Markt fertig werden muss. Wegen der Digitalisierung der Gesellschaft ändern sich die Kundenansprüche. Die Versicherer müssen schneller, transparenter und billiger werden, müssen digital mit Kunden kommunizieren, Datentrends auswerten und Schäden in wenigen Stunden und nicht in Monaten abwickeln. Davon ist auch die Allianz weit entfernt.

Auf den Nachfolger wartet ein schwerer Job

Bäte verlangt fast Unmögliches von der deutschen Tochter: Sie soll in Deutschland ihren schrumpfenden Marktanteil in Kernsparten wie der Autoversicherung wieder ausbauen, wo die HUK-Coburg die Allianz abgehängt hat. Sie soll gleichzeitig Kosten senken und den digitalen Umbau voranbringen. Ein Umfang, der kaum zu schaffen ist. Dass Bäte es dennoch fordert, kann der Grund dafür sein, dass Knof jetzt die Brocken hinwirft.

Einfach wird der neue Job auch für Nachfolger Röhler nicht. Zwar ist die Allianz Deutschland im Großen und Ganzen erfolgreich, auch wenn sie in Kernsparten beim Marktanteil nachhinkt. Aber die Struktur gilt bei vielen - auch im Konzern - als schwerfällig und komplex. Knof hatte versucht, das zu ändern. Allerdings hätte das die Macht der Chefs von operativen Gesellschaften beschnitten. Vor allem Markus Faulhaber, Chef der Allianz Lebensversicherung, und Birgit König an der Spitze der Allianz Privaten Krankenversicherung, legten Einspruch ein - und fanden dabei die Unterstützung von Konzernchef Bäte.

Auch Röhler muss gleichzeitig mit Bätes Forderungen und der Unruhe im deutschen Unternehmen fertig werden. Im Heimatmarkt beschäftigt der Konzern 29 000 von weltweit 140 000 Mitarbeitern. Bis 2020 sollen 700 Arbeitsplätze abgebaut werden, aber kaum jemand glaubt, dass es dabei bleibt. Die Digitalisierung funktioniert nur, wenn Röhler den Enthusiasmus seiner Belegschaft gewinnen kann - die er gleichzeitig drastisch zusammenstreichen muss. Das ist fast unmöglich.

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Quelle:
SZ vom 19.09.2017/jps
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