Süddeutsche Zeitung

Mehrweg:Nur noch Plastik

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Trotz wachsender Müllberge beendet Aldi seinen Test mit Glasflaschen.

Von Michael Kläsgen, München

Aldi Süd hat seinen im Frühjahr gestarteten Test mit Mehrwegflaschen aus Glas wieder eingestellt. Kostengründe sind offenbar dafür verantwortlich. Von Anfang an war Aldi eher hemdsärmelig an die Sache herangegangen: Der Discounter hatte lediglich im Kassenbereich leere Getränkekisten aufgestellt, in die Kunden die leeren Flaschen zurückstellen sollten. Dann folgten erst Leergutautomaten. Das alles kostete Platz und auch Personaleinsatz: Jemand musste sich um die Logistik kümmern. In Zeiten von Corona hatte Mehrweg dann endgültig keine Priorität mehr.

Umweltschützer hatten den Test aufmerksam verfolgt, auch wenn er sich nur in 50 Filialen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz abspielte. Thomas Fischer, Leiter Kreislaufwirtschaft der Deutschen Umwelthilfe (DUH), zeigt sich nun enttäuscht. Angesichts steigender Müllberge sei es ein "Skandal", dass Aldi jetzt wie sein größter Konkurrent Lidl auf 100 Prozent Einweg setze.

Dazu passt, dass die Mehrwegquote laut Umweltbundesamt (Uba) bei Getränken auf einen historischen Tiefststand gesunken ist, auf 41,2 Prozent im Jahr 2018, den letzt verfügbaren Zahlen. "Seit 2000 wurden Mehrwegflaschen in allen Getränkesegmenten stark von Einweg-Kunststoffflaschen verdrängt", sagt eine Sprecherin. Dabei ist Mehrweg aus ökologischen Gründen die beste Lösung, die Behörde gibt einfache Tipps: "Kaufen und benutzen Sie Mehrwegflaschen - am besten aus der Region. Verzichten Sie auf Einwegflaschen und Dosen. Trinken Sie Wasser aus dem Wasserhahn: Pur oder selbst gesprudelt ist es das umweltfreundlichste Getränk".

Selbst beim Bier rutschte der Mehrweganteil laut Uba erstmals unter 80 Prozent, wofür laut Fischer maßgeblich Aldi und Lidl verantwortlich seien, weil sie verstärkt Dosenbier verkauften.

Aldi weist die Kritik am Einweg-Plastik zurück. Die Ökobilanz von Einweg-PET-Flaschen habe sich deutlich verbessert, so der Konzern. Im Idealfall könne Einweg-PET zu fast 100 Prozent recycelt werden. Laut Uba und DUH ist hingegen Mehrweg erste Wahl.

Aldi hatte sich aufgrund der politischen Diskussion mit Mehrweg beschäftigt. Der Gesetzgeber fordert eine Mehrwegquote von 70 Prozent. Da diese auf absehbare Zeit nicht zu erreichen sein wird, sind Sanktionen nicht ausgeschlossen. Fischer hält sie nach der nächsten Bundestagswahl für möglich. Vielleicht hieß es deswegen von Aldi, dass man, "zu einem späteren Zeitpunkt" wieder über Mehrweg nachdenken werde.

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