Wer bei Aldi einen sogenannten Knotenbeutel für Obst oder Gemüse nutzt, muss künftig einen Cent bezahlen. Diesen "symbolischen Preis" will die Handelskette an diesem Dienstag verkünden. Aldi Nord und Aldi Süd reagieren damit auf Kritik am vielen Plastik in den Geschäften. Bisher bieten große Lebensmittelhändler die dünnen Kunststoffbeutel in ihren Obst- und Gemüseabteilungen kostenlos an. Die Supermarktkette Real will ebenfalls etwas gegen den Plastikmüll tun und hat angekündigt, dass sie die durchsichtigen Beutel bis 2020 durch Papier ersetzen will.
Die Kunden in Deutschland haben im vergangenen Jahr mehr als drei Milliarden der dünnen Plastiktüten für Obst und Gemüse verwendet, wie das Bundesumweltministerium vor Kurzem mitteilte. Das waren pro Person 37 Beutel, etwas mehr als 2015 oder 2016. Hingegen ist die Zahl der dickeren Plastiktragetaschen, welche die Händler an der Kasse seit drei Jahren nur noch gegen Gebühr verkaufen, deutlich zurückgegangen. Seither kommt es freilich immer wieder vor, dass Kunden sämtliche Einkäufe in die kostenlosen Hemdchenbeutel packen.
Die Handelsketten spüren, dass bei immer mehr Kunden ein Umdenken stattfindet
"Wir würden uns freuen, wenn andere Händler mitziehen", sagt Kristina Bell, die im Einkauf von Aldi Süd für Qualitätssicherung und Unternehmensverantwortung zuständig ist. Der Discounter will die künftig kostenpflichtigen Knotenbeutel von Sommer an aus Bioplastik fertigen lassen. Dieses Material wird aus Zuckerrohrresten hergestellt, spart mithin Erdöl als Rohstoff ein. Als Alternative zu den Hemdchenbeuteln will Aldi von Herbst an Netze für Obst und Gemüse verkaufen, die Kunden mehrmals nutzen können. Andere Handelsketten bieten solche waschbaren Netze ebenfalls an.
Als Vorbild dient eine Vorschrift in Italien. Dort müssen Supermarkt-Kunden seit Anfang 2018 einen bis drei Cent Gebühr pro Knotenbeutel zahlen. Das hilft offenbar - als Aldi vor Kurzem den Preis für Einkaufstüten an der Kasse von zehn auf 20 Cent verdoppelte, ist die Nachfrage zurückgegangen, berichtet der Discounter.
Die Handelsketten spüren, dass immer mehr Kunden ihren Plastikverbrauch senken wollen. Davon zeugt etwa der Erfolg sogenannter Unverpackt-Läden. Zudem verlangt das Umweltministerium von den Unternehmen konkrete Vorschläge zur Kunststoffreduktion. Deutschland exportiert noch immer viel Plastikmüll ins Ausland.
Aldi Nord und Aldi Süd haben im vergangenen Sommer angekündigt, dass sie in den Verpackungen ihrer Eigenmarken-Produkte bis 2025 30 Prozent weniger Plastik einsetzen wollen. Bis 2022 sollen alle Eigenmarken-Verpackungen recyclingfähig sein. "Wir sind da voll im Plan", sagt Rayk Mende, bei Aldi Nord für Unternehmensverantwortung und Qualitätssicherheit zuständig. Man analysiere derzeit alle Verpackungen im Sortiment und spreche mit den Lieferanten. "Stand heute sind wir guter Dinge, dass wir unsere Ziele erreichen können", sagt Mende.
Beide Aldi-Ketten haben zu Jahresbeginn Plastikgeschirr sowie Strohhalme und Becher aus Plastik aus ihren Filialen verbannt. Seit März verzichtet der Discounter auch bei Salatgurken auf die Kunststofffolien. Schwerer fällt den Händlern die Umstellung bei leicht verderblichen Waren wie Fleisch, Fisch oder Milchprodukten. Auf dem Weg zu weniger Plastik setzt Aldi aber nicht nur auf Ideen von Lieferanten und Beschäftigten. Seit 2019 sucht die Handelskette auch gemeinsam mit dem Gründerzentrum Techfounders nach Innovationen von Start-ups. 85 Jungunternehmen haben sich daraufhin bei Aldi beworben.