Aldi-Nord und die Gewerkschaften:Moral zum Discount-Tarif

Auch die Supermarktkette Aldi Nord gerät in den Sog der Affären um verdeckte Einflussnahmen auf Arbeitnehmer-Organisationen. Der Discounter wollte sich ein handzahmes Gegengewicht zur Gewerkschaft Verdi schaffen. Das Unternehmen sägt damit an einem Kernelement des deutschen Sozialmodells.

Uwe Ritzer

Zuerst Siemens, dann der Briefzusteller Pin, nun Aldi. Ein Unternehmen nach dem anderen fliegt auf, das über dunkle Kanäle heimlich daran gearbeitet hat, ein über Jahrzehnte hinweg bewährtes Kernelement der deutschen Sozialpartnerschaft rigoros plattzumachen: nämlich die freie Wahrung von Arbeitnehmerinteressen in Unternehmen.

Viel Geld hat man ausgegeben, um sich in letzter Konsequenz eine Arbeitnehmerorganisation zu kaufen, sich zumindest aber ihre Vertreter gefügig zu machen. Im Idealfall wollte man in den Betriebsräten willfährige Lakaien haben, die absegnen, was die Manager sonst nicht so ohne weiteres hätten durchsetzen können. Nicht dem Wohl der Mitarbeiter und des Unternehmens sollte dies dienen, sondern ausschließlich dem Profit der Eigentümer. Es ging schlichtweg um Macht.

Es ist entsetzlich, dass es Pseudogewerkschaften gibt, die sich prostituieren. Soweit es um die Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger Betriebsangehöriger (AUB) geht, zeigen die Vorgänge bei Aldi-Nord endgültig, dass die Gruppe nur dem Namen nach unabhängig war. Tatsächlich hing sie am finanziellen Tropf von Siemens und Aldi und womöglich auch noch anderen. Kämen die Fälle weiterer verdeckter Sponsoren ans Tageslicht - niemand würde sich wundern.

Doch nicht nur Arbeitnehmervertreter, auch Arbeitgeber brauchen Moral. Sie scheint in manchen Firmen zumindest zeitweise verkommen zu sein. Der neue Siemens-Chef Peter Löscher hat sich von den Machenschaften früherer Manager des Konzerns in Zusammenhang mit der AUB distanziert. Ein ähnliches Wort des Bedauerns stünde auch den milliardenschweren Aldi-Nord-Eigentümern gut zu Gesicht.

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