Alaska:Vom Meer geschluckt

In Alaska verlieren die Menschen den Boden unter den Füßen.

Von Marco Völklein

Wenn die Menschen in Shishmaref, Alaska, einem Besucher zeigen sollen, wie sich der Klimawandel auswirkt, führen sie ihn auf den Friedhof. An das Grab eines jungen Mannes, der im Juni 2007 im Alter von 25 Jahren starb. Mit einem Motorschlitten war er damals auf dem Eis der Tschuktschensee unterwegs, wollte jagen. Enten, Robben oder Walrosse. Dann aber brach er ein, versank samt Schlitten. Und das, obwohl die Inuit in Shishmaref seit Jahrhunderten im Juni aufs Eis gehen: Es ist der ideale Monat für die Jagd.

Doch seit ein paar Jahren schmilzt das Eis früher. Und es kommt deutlich später. Damit fehlt der Insel Sarichef, auf der der 600-Einwohner-Ort liegt, der Eispanzer, der die sie vor den Herbststürmen schützt. Jeder Sturm knabbert so an der Insel; über kurz oder lang, so befürchten es die Bewohner, könnte die Insel im Meer versinken. Bereits im Jahr 2002 hatten sie sich in einer Abstimmung für eine Umsiedlung ausgesprochen, 2016 erneut. Doch bislang weiß keiner, wie das Ganze bezahlt werden soll. Auf rund 200 bis 300 Millionen Dollar werden die Kosten für den Umzug geschätzt. Zumindest ein Teil des Geldes müsste von der US-Zentralregierung in Washington kommen.

Doch die winkt bislang ab. Während in Washington der US-Präsident den Klimawandel ignoriert und ankündigt, aus dem Pariser Klimaabkommen auszusteigen, kämpfen sie auf Sarichef ums Überleben - so sehen sie das in Shishmaref. Und sie vermuten, die Regierung ignoriere die Not bewusst: Würde das Dorf umgesiedelt, könnten weitere Orte, die vom Klimawandel bedroht sind, Ansprüche anmelden. In Alaska, aber auch im Pazifik.

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