Bundesagentur für Arbeit:Zum Betrug verleitet

Die Missbrauchsquote bei Sozialleistungen liegt zwischen zwei und drei Prozent, die tatsächliche Zahl der Betrüger dürfte größer sein. Auf verstärkte Kontrollen zu setzen, bringt indes wenig - besser sollte man darüber nachzudenken, wie Arbeit im Niedriglohnsektor attraktiver werden kann.

Thomas Öchsner

Wenn es um Geld vom Staat geht, wird gerne betrogen. Das ist bei der Steuererklärung so, bei der sonst ehrliche Bürger gerne mal schummeln oder Wohlhabende Kapital in der Schweiz nicht angeben. Und das ist bei manchen Firmen so, wenn sie Subventionen abgreifen oder Steuern sparen wollen.

Die neuen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit über den Missbrauch von Hartz-IV-Leistungen sind deshalb zunächst einmal nur ein Beleg dafür, dass es bei den Armen Betrug genauso gibt wie bei den Reichen.

Die Aussagekraft der Statistik selbst, nach der die Zahl der Straf- und Bußgeldverfahren gegen Hartz-IV-Empfänger deutlich zurückgegangen ist, sollte man nicht überbewerten. Offiziell bewegt sich danach die Missbrauchsquote zwischen zwei und drei Prozent. Tatsächlich dürfte die Zahl der Betrüger größer sein, vor allem wegen der Schwarzarbeit, die gerade bei Hartz-IV-Beziehern mit einem Mini-Job oft unentdeckt bleibt.

Deshalb jetzt auf noch mehr Kontrollen zu setzen, bringt wenig. Sinnvoller sind - wie sonst im Leben auch - Belohnungen. Finanziell lohnt es sich für Hartz-IV-Bezieher oft nicht, eine Arbeit aufzunehmen. Löhne und Kaufkraft von gering Qualifizierten sind deutlich gesunken. Zugleich wird es in den Großstädten für sie schwieriger, bezahlbaren Wohnraum zu finden.

Der sicherlich schmal bemessene Hartz-IV-Satz stieg dagegen zuletzt um insgesamt zehn Euro und dürfte wegen der neuen Berechnungsmethode weiter zulegen. Und die Mietkosten bekommen die Hilfebedürftigen bezahlt. Dies ist kein Grund, die Sozialleistung zu kürzen. Aber es ist Zeit, darüber nachzudenken, wie Arbeit im Niedriglohnsektor attraktiver werden kann; zum Beispiel durch geringere Sozialabgaben.

© SZ vom 15.03.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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