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Aktiensplit:Wie Tesla und Apple ihre Börsenkurse nach oben treiben wollen

Lesezeit: 3 min

Die beiden großen US-Konzerne splitten ihre Aktien von diesem Montag an in kleine Teile. Anleger aber spekulieren gerade deswegen auf Gewinne.

Von Victor Gojdka, Frankfurt

Es klingt nach Pippi-Langstrumpf-Mathematik an der Börse: Apple und Tesla teilen ihre Aktien in kleine Stücke - und wollen damit den eigenen Börsenkurs nach oben treiben. Was nach einer Quadratur des Kreises aussieht, läuft an der Börse unter dem Schlagwort Aktiensplit. Die wichtigsten Fragen dazu.

Wie funktioniert ein Aktiensplit?

Bei einem Split teilen Unternehmen ihre Aktien. Das läuft wie beim Apfelschneiden: Wer seinen Apfel mit dem Messer in vier Teile teilt, hat insgesamt immer noch einen ganzen Apfel, er ist nun bloß in kleinere Stücke zerlegt. Genau so funktioniert auch der Aktiensplit: Wenn der Techkonzern Apple seine Aktien nun teilt, werden aus einer Apple-Aktie künftig vier. Wer bislang also ein Apple-Papier zu einem Kurs von rund 400 Dollar hielt, hat künftig vier Apple-Aktien im Depot - sie sind dann aber jeweils nur noch ein Viertel wert. Wer vorher wiederum eine Tesla-Aktie besaß, hat nach dem Split fünf Tesla-Scheibchen.

Wieso spalten Tesla und Apple ihre Aktien?

Die Rechnung der beiden Unternehmen ist einfach: Beide Aktien sind vielen Privatanlegern schlicht zu teuer geworden. Für ein Apple-Papier mussten Anleger in den vergangenen Wochen rund 400 Dollar hinlegen, für eine Tesla-Aktie gar 2300 Dollar. Wer als Anleger insgesamt 5000 oder 10 000 Euro an der Börse investieren will, kann dann nur wenige Aktien kaufen - denn Anleger sollten ihr Geld ja außerdem noch über verschiedenste Unternehmen streuen. Kosten Aktien von Tesla und Apple nun jedoch weniger, dürften gerade Privatanleger häufiger über sie nachdenken. "Das ist ein psychologischer Effekt", sagt Anlageberater Adrian Roestel von der Vermögensverwaltung Huber, Reuss und Kollegen. Das Ganze ist also auch ein geschickter Marketingtrick der Konzerne, um ihre Aktien attraktiver zu machen.

Steigen deswegen nun die Aktienkurse?

Das kann niemand wissen. Dass Tesla und Apple ihre Aktien splitten würden, ist außerdem bereits seit rund einem Monat bekannt. Am Tag nach den Ankündigungen schossen beide Aktien bereits deutlich nach oben. Ob nun dauerhaft mehr Privatanleger zugreifen, muss sich zeigen. Anlageexperte Roestel empfiehlt gerade Privatanlegern, Aktien nicht bloß wegen eines angekündigten Splits zu kaufen. "Das wäre Casino und hat mit langfristiger Vermögensanlage nichts zu tun", sagt der Berater. Stattdessen sollten sich Anleger lieber mit der Substanz der Unternehmen und ihren langfristigen Chancen befassen.

Muss ich aktiv werden, wenn ich Apple- oder Tesla-Aktien besitze?

Nein, am Aktiensplit nehmen Anleger automatisch teil. Tesla und Apple haben die Aktien bereits am Freitagabend nach Börsenschluss in den USA geteilt. Bei manchen deutschen Banken kann es jedoch Montag oder Dienstag werden, bis Anleger die neuen Split-Aktien auch tatsächlich in ihren Depots sehen können. An deutschen Börsen und US-Handelsplätzen werden die Aktien ab diesem Montag zum gesplitteten Kurs gehandelt. Ob Anlegern durch den Split Kosten entstehen, hängt von ihrer Bank ab. Während die Direktbank Comdirect die neuen Aktien kostenlos ins Depot einbucht, berechnet die Deutsche Bank bei ihrem Onlineangebot Maxblue für einen Aktiensplit 19,90 Euro. Steuern dürften Anlegern wegen des Splits nicht drohen: "Negative steuerliche Auswirkungen in Form von Steuerbelastungen sind bei der Einbuchung der neuen Aktien nicht zu befürchten", teilte die Comdirect mit.

Was heißt der Split für Anleger, die dem US-Leitindex Dow Jones folgen?

Apple ist die weitaus gewichtigste Aktie im Dow Jones, mehr als elf Prozent des Indexgewichts entfielen zuletzt auf sie. Da der Apple-Kurs seit Jahresbeginn um rund 70 Prozent gestiegen ist, hat das auch den Dow ordentlich nach oben gedrückt. Mit dem Aktiensplit sinkt das Gewicht des Apfel-Konzerns im Dow jedoch auf unter drei Prozent, da dafür der Kurs der einzelnen Aktie maßgeblich ist. "Der Dow dürfte sich jetzt gemächlicher bewegen als vorher", sagt Roestel. Das sollten auch Anleger wissen, die mit ETF-Indexfonds eins zu eins dem Lauf des Dow folgen. Anlageberater empfehlen ohnehin, für US-Aktien lieber auf den Dow-Bruder S&P 500 zu setzen, da er deutlich mehr Titel enthält - und moderner kalkuliert ist.

Verzerrt ein Split nicht die Kursgrafik?

In der Tat sähe es horribel aus, wenn der Aktienkurs nur wegen eines Aktiensplits stürzen würde. Um Anleger nicht zu verwirren, glätten Datendienste die Kursverläufe in ihren Grafiken - und rechnen den Kurs einer neuen, gesplitteten Aktie historisch zurück. Der Split ist damit in den Grafiken nicht zu erkennen.

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Quelle:
SZ vom 31.08.2020
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