Süddeutsche Zeitung

Aktienmarkt:Deutsche-Bank-Anleger feiern Führungswechsel

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Aktie schießt in die Höhe

Der Rücktritt des Deutsche-Bank-Führungsduos kommt an der Börse gut an. Die Aktien des größten deutschen Geldhauses schossen am Montag zwischenzeitlich um etwa acht Prozent nach oben. Am Sonntag wurde bekannt, dass Jürgen Fitschen und Anshu Jain hinwerfen - ihre Nachfolge tritt der 54-jährige Brite John Cryan an. Er sitzt bereits 2013 im Aufsichtsrat der Bank.

Viele Investoren setzen darauf, dass Cryan bei der Senkung von Kosten mehr Erfolg hat als seine Vorgänger. "Schon bei UBS hat Cryan einen starken Fokus auf Kosten gelegt", sagten Analysten von Morgan Stanley. "Wir glauben, dass die Deutsche Bank an einem Wendepunkt steht", hieß es bei Citi. Der neue Vorstandschef sei hoch angesehen und könne es schaffen, die eingeschlagene Strategie besser umzusetzen und höhere Gewinne zu erzielen.

Der Rückzug von Jain und Fitschen sei überfällig gewesen, kommentierte Dieter Hein, Bankenexperte der Analysefirma Fairesearch. Die Bank habe in den Jahren 2012 bis 2014 etwa 2,6 Milliarden Euro Jahresüberschuss erwirtschaftet, gleichzeitig aber in dieser Phase neun Milliarden Euro an Boni für die Mitarbeiter ausgeschüttet. "Den Chefs", so Hein, "ging es nicht um das Wohl der Bank sondern um das Wohl der Investmentbanker."

Zweifel an langfristigem Erfolg

Es gibt aber auch Zweifel, wie nachhaltig die Freude der Anleger sein wird. "Es kommt ein neuer Chef, er steht aber vor den alten Problemen", sagte ein Analyst der Investmentbank Goldman Sachs. Vor allem bei der Rentabilität gebe es weiter Herausforderungen. Trotz des Chefwechsels geht man bei Goldman Sachs von weitgehender Kontinuität und allenfalls Änderungen im Detail aus.

Ein radikaler Kurswechsel dürfte von Cryan, dem ehemaligen Finanzchef der Schweizer Bank UBS, aber nicht zu erwarten sein. "Cryan hat die neue Strategie im Aufsichtsrat der Deutschen Bank mitentschieden und kommt wie Jain und Aufsichtsratschef Paul Achleitner auch aus dem Investmentbanking", sagt Bankexperte Dieter Hein. "Er dürfte nicht viel ändern". Nach dem Verkauf der Postbank dürften 80 Prozent der Erträge bei der Deutschen Bank aus dem Investmentbanking kommen, schätzt Hein. Doch das Investmentbanking laufe nicht gut. "Die Bank fährt die falsche Strategie."

Seit Juni 2012 - dem Zeitpunkt des Amtsantritts des Duos Jain und Fitschen - hat die Aktie der Deutschen Bank deutlich weniger an Wert gewonnen als der Dax insgesamt. "Nachhaltige Kursgewinne hängen jedoch davon ab, ob die Anleger den Nachfolger John Cryan wirklich als Heilsbringer sehen, der einen Strategiewechsel einleitet", sagte ein Anleger. Zweifel daran dürften erlaubt sein.

Aktionärsschützer fordern Ende der Skandale

Die Anleger hoffen, dass die Skandale der Bank nun ein Ende haben. Der Brite John Cryan müsse sich das Thema Kulturwandel mal richtig vornehmen, forderte der Vizepräsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Klaus Nieding. Es reiche eben nicht aus, wenn die Chefs einen Kulturwandel ankündigen, dieser dann aber im Investmentbanking gar nicht ankomme.

Dass Fitschen und Jain gehen, sei nur konsequent, weil insbesondere das Vertrauen der institutionellen Investoren nicht mehr da sei, sagte Nieding. Allerdings habe der Aufsichtsrat früher handeln müssen. Der Vertrauensverlust bei Großaktionären sei auch für das Kontrollgremium schon seit Monaten erkennbar gewesen. Dass die erst Ende April beschlossene Strategie bis zum Jahr 2020 tatsächlich auch so umgesetzt wird, glaubt Nieding nicht: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand, der ein wirklich starker Mann an der Spitze der Deutschen Bank sein will, nicht eigene Akzente setzt und diese Strategie nicht noch einmal nachjustiert."

Der Rückzug von Jain und Fitschen

Cryan wird vom 1. Juli 2015 an Vorstandsvorsitzender. Jürgen Fitschen bleibt noch bis zur Hauptversammlung im Mai 2016 Co-Chef, danach soll Cryan alleiniger Vorstandschef der Bank werden. Die Personalentscheidungen traf der Aufsichtsrat am Sonntag nach anhaltender Kritik an Jain und Fitschen.

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