Aktienmarkt:Abgerechnet wird am Jahresanfang

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Auf klassische Sparprodukte gibt es kaum Zinsen. Gerade jetzt werden Aktien für Anleger interessant: Deutsche Konzerne schütten so viel Gewinn wie noch nie an Investoren aus. Was Sparer jetzt wissen müssen.

Von Lukas Zdrzalek, München

Der Gesundheitskonzern Fresenius stellt eine Ausnahme der Unternehmenswelt dar, die Sparer besonders interessieren dürfte. Fresenius betreibt unter anderem etliche Krankenhäuser, entwickelt Medikamente für chronisch Kranke und hat es mit diesem Geschäftsmodell in den Deutschen Aktienindex geschafft. Unter den Dax-Konzernen ist Fresenius das einzige Unternehmen, das seinen Aktionären seit mehr als 20 Jahren eine jährlich steigende Dividende zahlt. Jetzt wird Fresenius wohl wieder mehr Gewinn ausschütten, in Summe gut 350 Millionen Euro, ein neuer Rekord - und ein Symbol für alle börsennotierten Unternehmen Deutschlands.

Sparer haben zurzeit ein großes Problem: Mit ihrem geliebten Sparbuch erzielen sie praktisch keine Rendite mehr, weil die Zinsen auf null gefallen sind. Viele Deutsche suchen nach anderen Wegen, um ihr Geld anzulegen - während sich wieder mal zeigt, warum Aktien eine Alternative sind. Sparer können nicht nur Kursgewinne mit den Papieren erzielen. Häufig schütten die Unternehmen auch noch einen Teil ihrer Gewinne als Dividende aus, die quasi der Zins einer Aktie ist. Jetzt überweisen die Unternehmen für das abgelaufene Geschäftsjahr wohl so viel Geld wie nie zuvor an Anleger, prognostiziert die DZ-Bank. Die Konzerne im Dax, die mittelgroßen Unternehmen im M-Dax und die Technikfirmen im Tec-Dax werden 43 Milliarden Euro Dividende zahlen. Davon profitieren Großinvestoren wie Pensionskassen genauso wie Einzelanleger. Heruntergerechnet auf einen einzigen Sparer bedeutet der Dividenden-Rekord: Wer 50 000 Euro in den Dax investiert hat, kann gut 1500 Euro einstreichen. Ein Überblick darüber, warum die Dividenden so hoch sind - und wie Sparer davon profitieren können.

Siemens-Mitarbeiter: Aktionäre bekommen eine Dividendenrendite von rund drei Prozent. (Foto: David Paul Morris/Bloomberg)

Krise! Welche Krise?

Auf den ersten Blick mag der Dividendenrekord verwundern: Steckt die Welt nicht in einer Art Dauerkrise? Treten die Briten nicht aus der Europäischen Union aus? Flammt nicht der Schuldenstreit mit Griechenland wieder auf? Gefährden die Pläne Donald Trumps nicht die Weltwirtschaft? Ja, diese Probleme gibt es - doch noch können deutsche Unternehmen ihnen trotzen. 2016 wuchs die Wirtschaft hierzulande um gut zwei Prozent. Die Gründe: Erstens konsumieren die Bundesbürger recht viel, zweitens gibt der Staat wegen der Flüchtlinge mehr Geld aus, drittens profitieren die Konzerne vom schwachen Euro. Der macht ihre Waren relativ günstiger, die Kunden können sich mehr davon leisten.

Vorsicht, Irrtum

Anleger müssen drei Begriffe kennen, um vom Dividendenboom profitieren zu können. Experten benutzen häufig das Wort Dividendenrendite, das die Dividende ins Verhältnis zum Aktienkurs setzt. "Anhand dessen können Anleger vergleichen, wie rentabel eine Aktie im Verhältnis zu anderen Papieren und Anlageklassen ist", sagt Andreas Görler von dem Berliner Vermögensverwalter Pruschke und Kalm. Die Dividendenrendite von Fresenius beispielsweise beträgt rund ein Prozent, die des Energieversorgers Eon dagegen mehr als drei Prozent. Die Krux ist: Die Dividendenrendite sagt nichts darüber aus, wie gut ein Unternehmen dasteht - und ob es sinnvoll ist, in diesen Konzern zu investieren. Denn die Dividendenrendite berechnet sich relativ zum Kurs. Ein kriselndes Unternehmen wie Eon kann eine höhere Rendite erzielen als der prosperierende Fresenius-Konzern, nur weil der Eon-Kurs so tief gefallen ist. Zweitens sollten Sparer darauf achten, wie es um die Finanzkraft eines Konzerns steht, die der sogenannte freie Cashflow abbildet. Ist dieser Wert im Minus, kriselt das Unternehmen, eine Dividende sollte nicht gezahlt werden. Drittens sollten Investoren darauf schauen, wie viel Prozent des Gewinns Konzerne ausschütten. Daran bemisst sich, ob die Dividendenhöhe sinnvoll ist. "Die Ausschüttungsquote sollte grob 50 Prozent betragen", sagt Michael Thaler, Vorstand der Münchner Top Vermögen. Liegt sie niedriger, ist das Unternehmen gegenüber seinen Aktionären geizig. Ist die Quote weit höher, ist ein Unternehmen zu großzügig. Ein Konzern gibt seinen Aktionären dann Geld, dass er besser investieren sollte, um sich weiterzuentwickeln.

*Schätzung; SZ-Grafik; Quelle: FactSet, DZ BANK (Foto: wir_dividendengrafik)

Her mit den Dividenden

Erstens können Anleger einzelne Aktien kaufen, um von Dividenden zu profitieren. Sie müssen sich dann intensiv mit den Unternehmen auseinandersetzen, um deren wirtschaftliche Lage zu beurteilen. "Dieser Aufwand lohnt normalerweise erst ab mittleren sechsstelligen Beträgen", sagt der Stuttgarter Vermögensverwalter Max Schott. Sparer mit niedrigeren Beträgen sollten spezielle Dividendenfonds kaufen, die weniger Mühe machen. Experten unterscheiden zwischen zwei Fondsarten. Zum einen gibt es aktive Fonds, bei denen ein Fondsmanager die Aktien auswählt, zum anderen passive Fonds, sogenannte ETFs, die nach festgelegten Regeln in Wertpapiere investieren und ohne Fondsmanager auskommen. Der Vorteil der passiven Fonds ist, dass sie günstiger sind als aktive Fonds. Die Kosten für passive Fonds sind selten höher als 0,5 Prozent des investierten Betrags, bei aktiven Fonds können es schon mal zwei oder mehr Prozent sein.

Der erste Nachteil vieler passiver Fonds ist, dass sie einen Index wie den Div-Dax nachbilden, der Aktien nach ihrer Dividendenrendite auswählt. Deshalb zählen zum Div-Dax auch schwer angeschlagene Unternehmen, die eine vergleichsweise hohe Dividendenrendite haben, weil der Kurs so niedrig ist. "Wenn sich die Probleme eines kriselnden Konzerns verschärfen, kann erst der Aktienkurs absacken, später womöglich sogar der Index", sagt der Berliner Experte Andreas Görler. Anleger sollten deshalb einen passiven Fonds wählen, der Aktien nach weiteren Kriterien auswählt - etwa der Ausschüttungsquote.

Passive Fonds bergen noch einen zweiten Nachteil: Sie schwanken stärker, die Kursgewinne und -verluste sind heftiger. Der Grund: Es gibt keinen Fondsmanager wie bei aktiven Fonds. Er kann bei Kursstürzen eingreifen, kann Aktien verkaufen und die Verluste seiner Anleger begrenzen. Passive Fonds dagegen überprüfen nur zu bestimmten Zeitpunkten, ob sie Aktien tauschen müssen. Währenddessen sind Anleger Kursstürzen ausgeliefert. "Passive Fonds eignen sich eher für Investoren, die zwischenzeitlich mal große Verluste aushalten können", sagt Görler. Sparer mit einem großen Sicherheitsbedürfnis sollten in aktive Fonds investieren.

© SZ vom 17.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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