Süddeutsche Zeitung

Aktienhandel:Deutsche Bank verliert durch Betrugsfall fast eine halbe Milliarde Euro

  • Die Deutsche Bank hat durch einen Betrugsfall im Handel mit Aktien rund 450 Millionen Euro verloren.
  • Der Verlust taucht bereits in den Bilanzen des Instituts von März auf, bislang war aber nicht darüber berichtet worden.
  • Die Ratingagentur Moody's hat das größte deutsche Geldhaus unterdessen zum zweiten Mal in diesem Jahr herabgestuft.

Ein Betrugsfall im Aktienhandel hat der Deutschen Bank fast eine halbe Milliarde Euro Verlust eingebrockt. Im vergangenen Jahr sind die Verluste wegen externen Betrugs von 20 auf 475 Millionen Euro gestiegen, wie aus dem Geschäftsbericht von Deutschlands größter Bank hervorgeht. Der Anstieg sei "durch Rückstellungen im Aktienhandel begründet", heißt es darin.

Zu Hintergründen und Details wollte sich ein Sprecher der Bank am Montag nicht äußern. Die Deutsche Bank hat ihren Geschäftsbericht bereits im März veröffentlicht. Über den Betrugsfall im Aktienhandel ist bislang allerdings noch nicht berichtet worden.

Die Ratingagentur Moody's hat ihre Bonitätsnote für die Deutsche Bank unterdessen wegen eines möglicherweise stockenden Konzernumbaus gesenkt. Das Geldhaus stecke in einem mehrjährigen Prozess zur Vereinfachung seines Geschäfts und zur Stärkung der Bilanz - doch die zuletzt schwachen Ergebnisse dürften den von Konzernchef John Cryan angestoßenen Umbau erschweren, teilte die Ratingagentur am späten Montagabend mit. Auch die niedrigen Zinsen und die konjunkturelle Unsicherheit würden die Bank weiter herausfordern. Daher senkte Moody's das Rating für die Schulden des Instituts von "Baa1" auf "Baa2". Der Ausblick sei nun stabil, hieß es.

Der nächste Kratzer an der Fassade der Deutschen Bank

Seit Jahren ist die Bank immer wieder Schauplatz von krummen Geschäften. Derzeit untersucht das Kreditinstitut, ob sechs teilweise hochrangige Investmentbanker möglicherweise unzulässige Geschäfte auf eigene Rechnung gemacht haben. Das Wall Street Journal berichtete am Freitag unter Berufung auf Insider, sie hätten privat in ein 750 Millionen Dollar schweres strukturiertes Wertpapier investiert, das sie im Dienste der Bank für den französischen Versicherer Axa ausgeklügelt hatten. "Derzeit prüfen wir eine Transaktion, die bei ihrer Strukturierung 2009 möglicherweise einen nicht hinnehmbaren Interessenkonflikt darstellte", erklärte die Deutsche Bank, jedoch ohne Namen zu nennen.

Einer der ins Visier der internen Prüfer geratenen Banker ist der Zeitung zufolge Colin Fan, der bis zum Herbst 2015 einer von zwei Chefs der Investmentbanking-Sparte war. Fan hatte damals den Kredithandel geleitet. Er gilt als einer der engsten Vertrauen des ehemaligen Vorstandschefs Anshu Jain und hatte die Bank kurz nach Jains Abschied verlassen. Dem Bericht zufolge soll er allein mit einem Einsatz von rund einer Million Dollar neun Millionen Dollar verdient haben. Insgesamt habe das Sextett nach Schätzungen der internen Prüfer ein Investment von 4,5 Millionen Dollar verachtfacht. Ein Sprecher Fans wies ein Fehlverhalten des Managers zurück. Er sei "jederzeit vollständig transparent gewesen" und habe alle Vorschriften eingehalten, sagte er der Nachrichtenagentur Reuters.

Aufgefallen waren die Geschäfte der Ex-Banker erst Jahre später

Die Bank hat daran offenbar Zweifel. Langfrist-Boni an die ins Visier geratenen Händler seien ausgesetzt worden. "Nach Abschluss unserer Untersuchungen werden wir gegebenenfalls Disziplinarmaßnahmen einleiten und unsere Kontrollen weiter prüfen, um die Gefahr einer Wiederholung möglichst gering zu halten", erklärte ein Sprecher.

Dem Zeitungsbericht zufolge wird auch geprüft, ob die Geschäfte zu Lasten der Bank gingen. Mit dem Derivat konnten Investoren auf Bewertungs-Differenzen zwischen Kredit-Indizes und den zugrundeliegenden Unternehmen wetten. Laut dem Bericht wollte die Deutsche Bank das Risiko dabei nicht auf die eigenen Bücher nehmen. Ein Hedgefonds übernahm den riskanteren Teil, und die Mitarbeiter investierten privat. Kunden seien nicht zu Schaden gekommen, betonte die Bank. Aufgefallen waren die Geschäfte von Fan und seinen Kollegen erst Jahre später, als die Deutsche Bank ihre Bilanz durchforstete, weil sie die darin verborgenen Risiken reduzieren will.

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