Süddeutsche Zeitung

Aktiengeschäfte:Dieser Hedgefondsmanager wettet gegen Wirecard

Der Hedgefondsmanager und Hühnerzüchter Crispin Odey will sich jetzt mit der Bafin anlegen, weil die Wirecard vor ihm schützt.

Von Victor Gojdka

Wenn Crispin Odey über sein Geld spricht, dann blitzen seine Augen. Dann hebt er die Brauen und schiebt die Zungenspitze zwischen die Zähne. "Morgenstund hat Gold im Mund", sagt der Finanzmanager verschmitzt, so ist es in einem Interview mit dem Sender BBC zu sehen. Odey ist ein Finanzmann, wie er im Bilderbuche steht. Manche sagen gar: wie ihn ein Karikaturist nicht besser zeichnen könnte. Denn Robin Crispin William Odey ist einer der bekanntesten britischen Hedgefondsmanager. Im Klartext: Odey wettet auf Kursbewegungen. Ob Anleihen, Gold oder das britische Pfund, völlig egal. Ob rauf oder runter, auch egal. Hauptsache, der 60-Jährige, liegt am Ende richtig.

Seit wenigen Tagen ist Odey nicht nur an der Themse bekannt wie ein bunter Hund, sondern auch in Deutschland. Denn Odey wettet gegen den umstrittenen Zahlungsabwickler Wirecard, wie aus offiziellen Daten hervorgeht. Er ist einer jener Spekulanten, vor denen die deutsche Finanzaufsicht Bafin das Unternehmen nun abschirmen will, denen die Behörde per Ukas also neue Wetten auf fallende Kurse des Unternehmens untersagt hat. Viele am Finanzplatz Frankfurt versuchen nun herauszufinden: Wer ist dieser Mann?

Odey ist eine der exzentrischsten Persönlichkeiten in der sonst so verschwiegenen Geldgilde britischer Hedgefondsmanager. Den Hühnern auf seinem Landsitz baute er für 120 000 Pfund eine standesgemäße Unterkunft. Seinen Vater bezeichnete er öffentlich als "Verschwender". Und während viele Londoner Finanzer einen Brexit ablehnen, hat sich Odey immer dazu bekannt, einer der "Bad Boys of Brexit" zu sein - der EU also Ade sagen zu wollen.

Doch einen Namen in der Branche hat sich der Brite vor allem mit seinen Finanzwetten gemacht: 2001 vermutete er, dass die Menschen nach den Terroranschlägen vom 11. September mehr Versicherungen kaufen würden. Und lag richtig. 2008 setzte er früher als viele andere darauf, dass Bankaktien in die Knie gehen würden und strich dabei 28 Millionen Pfund ein. Auch am Morgen nach dem Brexit-Entscheid war Odey um wohl 220 Millionen Pfund reicher geworden, weil er auf einen Absturz des britischen Pfunds gesetzt hatte. "Ich glaube, ich könnte der Gewinner sein", sagte er damals. Laut der Nachrichtenagentur Bloomberg möglicherweise auch deswegen, weil er eine Meinungsumfrage mit in Auftrag gegeben haben soll, die ihm feinkörnigere Informationen über den Gemütszustand der Briten verschafft haben könnte. Odey bestätigt zwar, eine Umfrage beauftragt zu haben - jedoch nicht am Wahltag selbst. Sich bessere Informationen zu beschaffen, passe nicht zum Ethos eines Konservativen.

Denn der Mann mit den wuscheligen Haaren und den Hosenträgern kommt aus einer konservativen Familiendynastie. Schule im Eliteinternat Harrow, Geschichtsstudium im Oxford, Mitte der 80er-Jahre begann er seine Karriere als Banker. Seine zweite Frau Nichola schlug ihm 1991 vor, den eigenen Fonds aufzumachen: Odey Asset Management. Vor allem Hedgefondsguru George Soros schoss die ersten Millionen als Startkapital dazu, seine Frau und er gaben Berichten zufolge nur Kleingeld. Über die Jahre baute Odey mit Geschick sein Vermögen auf. Laut Sunday Times dürfte Odey mit 750 Millionen Pfund nun der achtreichste Hedgefonds-Chef in Großbritannien sein. Standesgemäß jagt Odey gern, ein Hobby, das unter Hedgefonds-Managern hoch im Kurs steht. Den nächsten Schuss hat Odey schon angekündigt: Er sei gespannt, welche rechtlichen Mittel er gegen das Leerverkaufs-Verbot der deutschen Finanzaufsicht in Sachen Wirecard finden werde. Odey, soviel ist klar, hat Blut geleckt.

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SZ vom 20.02.2019/lüü
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