Die Welt mag am Abgrund stehen, doch am Ende gibt es an der Börse Investoren, die daraus Profit schlagen können. Der wirtschaftliche Lockdown im Frühjahr und jetzt im Winter schadete der Touristik, Gastronomie, Luftfahrt und den Automobilunternehmen. Gleichzeitig gab es Sektoren, die vom Stillstand profitierten, weil sich der Handel aus den Geschäften am Ort ins Internet verlagerte. Die Digitalisierung erlebte einen gewaltigen Schub. Deshalb waren Technologie-Unternehmen die großen Gewinner des Jahres. Der andere Hauptprofiteur ist die Gesundheitsbranche.
Hopp oder Top, selten war die Kluft so groß. Das zeigt die Liste der Gewinner und Verlierer im Jahr 2020 an den deutschen, europäischen und US-amerikanischen Börsen. Im Deutschen Aktienindex (Dax) steht der Essenslieferant Delivery Hero an der Spitze, der erst in diesem Jahr in die Liste der 30 wichtigsten deutschen Börsenunternehmen aufstieg. Die Aktie legte seit Anfang des Jahres um 69 Prozent zu. Mit dem Chip-Hersteller Infineon folgt ein Unternehmen aus der Technologiebranche auf dem zweiten Platz, mit Merck ein Pharmakonzern auf dem dritten.
Unter den größten Verlierern im Dax befindet sich mit dem Triebwerkhersteller MTU Aero Engines ein Unternehmen, das von der gebeutelten Luftfahrtbranche abhängig ist, dazu kommt der Automobilhersteller VW. Auch der Softwarekonzern SAP steht hinten wegen weniger Geschäfts. Die Aktie verzeichnete an einem Tag einen Kurseinbruch um 20 Prozent.
Größter Verlierer im M-Dax ist die Lufthansa
Wie sehr Online-Lieferdienste in der Pandemie gefragt waren, zeigen die Gewinnerlisten des M-Dax, dem Index für die mittelgroßen Werte an der Deutschen Börse, und des S-Dax für die kleineren Werte. Über Monate waren in Deutschland die Geschäfte geschlossen, deshalb ließen sich Bürger die Produkte des täglichen Bedarfs nach Hause liefern: Hello Fresh liefert Lebensmittel per Bestellung im Internet, Shop Apotheke Medikamente, Zalando und Global Fashion Modeartikel, Home 24 und Westwing bieten online Möbel und Wohnaccessoires an. Die Aktie von Westwing aus dem S-Dax war mit einem Plus von 770 Prozent der größte Gewinner in der ganzen Dax-Familie. Größter Verlierer im M-Dax ist die Lufthansa, die in eine existenzbedrohende Krise geriet und Staatshilfe brauchte, weil die meisten ihrer Flugzeuge am Boden bleiben mussten.
Im Stoxx 50, der die 50 größten Aktiengesellschaften Europas abbildet, steht an der Spitze der niederländische Zahlungsabwickler Adyen. ASML ist ein Hightech-Konzern, Prosus eine Holding für junge Digital-Unternehmen. Auf der Verliererseite stehen im Stoxx 50 gleich drei Konzerne aus der Erdölbranche: BP, Royal Dutch Shell und Total. Der Grund: Wenn die Wirtschaft brach liegt, sinkt weltweit auch der Ölverbrauch.
Der S&P 100 spiegelt die 100 größten US-amerikanischen Aktiengesellschaften wider. Auch hier zählen mit Schlumberger, Exxon und Conoco Philips drei Konzerne aus der Erdölbranche zu den größten Verlierern. Die Spitzengruppe dagegen wird wie gehabt dominiert von Technologie-Aktien: Nvidia stellt Grafiklösungen für Computer und Smartphones her, Paypal ist ein Zahlungsdienstleister, Fedex ein Frachtunternehmen, Amazon der größte Online-Shop der Welt. Den größten Sprung nach oben machte im Jahr 2020 der Autohersteller Tesla - sein Aktienkurs stieg um 659 Prozent - die Geschichte von den Elektroautos scheint jeder Pandemie zu trotzen.