Aktien-Deals:Großbank Barclays soll deutschen Fiskus massiv geschädigt haben

Barclays Bank

Die Barclays Bank in London

(Foto: Getty Images)

Vom Finanzamt mehr Geld bekommen als je Steuern gezahlt wurden? Mit trickreichen Aktiengeschäften soll das britische Bankhaus Barclays den deutschen Fiskus geprellt haben. Es geht um Hunderte Millionen.

Von Klaus Ott

Die britische Bank Barclays soll Aktiengeschäfte dazu genutzt haben, mit Handelspartnern den deutschen Fiskus jahrelang um bis zu 280 Millionen Euro pro Jahr zu prellen. Diesen Verdacht äußert das Bundesfinanzministerium in einem öffentlich bislang nicht bekannten Schreiben an die Obersten Finanzbehörden der Bundesländer; das zwölfseitige Schreiben datiert vom 8. Mai 2012. Darin heißt es, die Länder sollten prüfen, ob ein "hinreichender Anfangsverdacht für eine Steuerhinterziehung" bestehe.

Bisher soll es keine staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen Bank-Mitarbeiter geben, sondern nur ein Prüfverfahren der Finanzbehörden, die untersuchen, ob das britische Geldinstitut dem deutschen Fiskus etwaige Schäden erstatten muss. Barclays ist eines der größten Bankhäuser der Welt und einer der führenden Anbieter von Kreditkarten. International bekannt ist das Institut auch wegen des Namens-Sponsorings in der englischen Fußball-Liga, der "Barclays Premier League".

Das britische Bankhaus hat von 2007 bis 2010 in internen Strategiepapieren beschrieben, wie der deutsche Fiskus mit Aktiendeals systematisch ausgenommen werden könne. Die Papiere liegen der SZ vor. Darin ist notiert, wie durch eine schnelle und komplizierte Abfolge von Aktiengeschäften erreicht werden könne, dass die Finanzämter mehr Steuern erstatten, als zuvor gezahlt wurden. Es geht um den Handel mit Aktien kurz vor und nach Ausschüttung der Dividenden.

Die Bundesregierung hat Gesetzeslücken, die mindestens ein Jahrzehnt lang solche Geschäfte zu Lasten des Fiskus möglich machten, erst 2012 endgültig geschlossen. Das Finanzministerium vermutet jährliche Schäden in Milliardenhöhe. Inzwischen untersucht allein Hessen rund 40 solcher sogenannten Cum-Ex-Deals daraufhin, ob die Finanzbehörden getäuscht wurden. Von den Prüfverfahren sind mehrere Banken betroffen.

Das Finanzministerium in Berlin stützt sich bei seinem Verdacht auf die Barclays-Papiere, die man von der britischen Steuerbehörde erhalten hatte. Im Februar 2012 teilte das Ministerium den Obersten Finanzbehörden der Länder mit, in den Unterlagen werde beschrieben, wie mit Aktiengeschäften rund um die Dividenden-Ausschüttung "hohe Renditen zu Lasten des deutschen Fiskus erzielt werden können". Im Mai 2012 forderte das Ministerium die Länder auf, diesen Fall auf mögliche Gesetzesverstöße hin zu untersuchen.

Auf Anfrage teilte das Finanzministerium jetzt mit, die Aufklärung dieser Fälle sei "sehr zeitaufwendig, weil die Sachverhalte äußerst komplex und regelmäßig ausländische Stellen beteiligt sind". Barclays erklärte, zur Geschäftspolitik der Bank gehöre uneingeschränkte Transparenz und Offenheit gegenüber den Steuerbehörden weltweit. Bei den Cum-Ex-Deals habe die Bank "einen offenen und konstruktiven Austausch mit den jeweilig zuständigen Steuerbehörden gepflegt" und werde dies auch künftig tun. Barclays habe in Einklang mit den Gesetzen gehandelt und weise alle Andeutungen von Fehlverhalten entschieden zurück.

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