BörseCool bleiben!

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Fußgänger in Tokio vor der Anzeige des Nikkei-Index, der am 5. August um zwölf Prozent abstürzte.
Fußgänger in Tokio vor der Anzeige des Nikkei-Index, der am 5. August um zwölf Prozent abstürzte. (Foto: Tomohiro Ohsumi/Getty Images)

Die Börsen haben sich vom jüngsten Crash erholt. Anleger sollten sich von kurzfristigen Ereignissen nicht irritieren lassen.

Kommentar von Harald Freiberger, München

Die Worte „Manic Monday“ haben jüngst eine zweite Bedeutung erhalten. Ursprünglich handelt es sich um den Titel eines Songs der Bangles, der 1985 die Hitlisten eroberte. Vermutlich gibt es auf der Welt viele ältere Menschen, die die Zeilen mitsingen können: „It’s just another manic Monday, I wish it was Sunday ...“ Unter Börsenexperten aber gilt neuerdings der 5. August 2024 als „Manic Monday“, als verrückter Montag. Sie gaben ihm diesen Namen, weil die Vorgänge an den Börsen so verstörend waren, als vor knapp zwei Wochen der japanische Nikkei-Index um zwölf Prozent einbrach und Aktien und andere Anlageformen rund um die Welt mitriss.

Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass bei Investoren an jenem Montag Panik herrschte – so wie auch die Worte „Manic Monday“ etwas Bedrohliches ausstrahlen, weil sie an den „Black Thursday“ erinnern, den „Schwarzen Donnerstag“, der 1929 an der New Yorker Börse die Weltwirtschaftskrise auslöste. Es schien vorstellbar, dass der 5. August den Auftakt zu einem tiefen Einbruch markieren könnte, nachdem es an der Börse 15 Jahre lang fast ausschließlich aufwärtsgegangen war.

Inzwischen sind fast zwei Wochen vergangen, und alles sieht nach einem Fehlalarm aus, wenn auch nach einem sehr lauten und durchdringenden. Die Aktienindizes in Deutschland und den USA haben sich Schritt für Schritt erholt und notieren wieder so hoch wie Ende Juli. Der VIX-Index, der Maßstab für Angst und Nervosität an der US-Börse, schoss an jenem Montag so hoch wie überhaupt nur dreimal in der Geschichte – mittlerweile ist er stark gefallen und befindet sich nur noch auf einem leicht erhöhten Niveau.

Es kann immer um 20 oder 30 Prozent abwärtsgehen

Um Lehren aus dem „Manic Monday“ ziehen zu können, sollte man sich seine Ursachen genauer ansehen. Drei Faktoren bereiteten den Boden für eine Börsenreaktion, die im Nachhinein irrational und übertrieben erscheint. Da waren zunächst unerwartet schlechte Zahlen vom US-Arbeitsmarkt, die Sorgen vor einer bevorstehenden Rezession in den USA aufkeimen ließen. Dann lieferten US-Technologiekonzerne wie Intel und Nvidia schlimme beziehungsweise enttäuschende Zahlen, was den Verdacht nährte, dass der KI-Boom der vergangenen Monate möglicherweise stark übertrieben war. Und schließlich verursachte eine Zinserhöhung in Japan Währungsturbulenzen, in deren Folge Anlageprofis massenhaft Yen-Kredite zurückzahlen und dafür andere Anlagen wie Aktien verkaufen mussten, sie lösten sogenannte Carry Trades aus. Im August, wenn viele Investoren im Urlaub sind, ist das besonders gefährlich, weil sich dann schon mit geringen Summen die Kurse stark bewegen lassen.

Blickt man auf diese drei Ursachen, sieht die Welt mit Abstand von zwei Wochen viel freundlicher aus: Die Inflation in den USA ist weiter auf dem Rückmarsch, was es der US-Notenbank erleichtert, die Zinsen zu senken; wenn überhaupt, dürfte es dort allenfalls zu einer leichten Rezession kommen. Die US-Technologiekonzerne machen jedes Quartal Milliardengewinne, anders als um das Jahr 2000 herum handelt es sich nicht um eine Spekulationsblase. Und die Carry Trades mit dem Yen sind inzwischen weitgehend aufgelöst, sie waren der Sonderfaktor, der am verrückten Montag das Fass zum Überlaufen brachte.

Im Nachhinein ist der „Manic Monday“ ein erneuter Beleg dafür, dass Anleger sich von kurzfristigen Ereignissen nicht irritieren lassen sollten. Wer langfristig für seine Altersvorsorge Geld anlegt, tut dies im Rahmen des Risikos, das er oder sie einzugehen bereit ist, weiter am besten breit gestreut in Aktien. Das gilt auch, obwohl auf den Aktienmärkten nach wie vor genug Risiken schlummern – der Krieg in Israel, Rezessionsängste, Inflationssorgen. Aktienanleger müssen immer darauf vorbereitet sein, dass es an der Börse um 20 oder 30 Prozent oder sogar noch tiefer abwärtsgehen kann. Umso schöner, wenn es dann doch nicht passiert.

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