Bislang hat Europas größter Billigflieger Ryanair Deutschland zwar nicht gemieden. Doch ist die Airline vor allem in anderen Ländern wie Spanien, Italien und Großbritannien stark gewachsen. Die hiesigen Fluggesellschaften waren noch keinem Frontalangriff ausgesetzt. Das ändert sich nun, und die Konsequenzen dürften für Konkurrenten, aber auch für Passagiere bald deutlich zu spüren sein.
Ryanair eröffnete vor einer Woche in Berlin eine neue Basis. Fünf Flugzeuge vom Typ Boeing 737-800 werden dort demnächst stationiert, 18 neue Ziele angeflogen. Und Ryanair hat fast 400 zusätzliche Jets bestellt und will den Marktanteil in Deutschland mittelfristig auf 20 Prozent steigern.
Für Flugpassagiere sind diese Pläne ein Traum, für die Konkurrenten ein Albtraum: Ein Ryanair-Ticket kostet für die einfache Strecke im Durchschnitt 47 Euro, bei Air Berlin sind es 120 Euro und bei Lufthansa mehr als 200 Euro, wobei der Vergleich zumindest im letzten Fall wegen des stark unterschiedlichen Streckennetzes hinkt.
Und es soll noch billiger werden: Ryanair-Chef Michael O'Leary kündigte am Montag bei der Präsentation der jüngsten Finanzdaten einen Preiskampf für den Winter an. Er rechne damit, dass die Flugtickets von Januar bis März im Schnitt um vier Prozent günstiger würden, sagte O'Leary. "Wir haben bereits unsere Preise reduziert und haben in den vergangenen Wochen festgestellt, dass dies die meisten Fluggesellschaften tun."
Sogar die Lufthansa setzt auf billig
Für Branchenbeobachter kommt das nicht überraschend. Sie gehen davon aus, dass die Flugpreise weiter sinken, zumal sich zumindest die effizienten Fluggesellschaften Nachlässe angesichts der deutlich gesunkenen Treibstoffpreise wieder eher leisten können als noch vor einem Jahr. Die Analysten von Bank of America Merrill Lynch warnen in einer Studie, der europäische Luftverkehrssektor stehe vor einer neuen Ära der Preiskriege.
Selbst die schwerfällige Lufthansa reagiert auf die nächste europäische Billigflugwelle. Am vergangenen Sonntag hat offiziell die neue Sparte Eurowings den Betrieb aufgenommen. Lufthansa will den Ableger schnell zum drittgrößten Billig-Anbieter in Europa nach Ryanair und Easyjet aufbauen. Auch bei der Lufthansa, deren Strategie bislang vor allem auf Geschäftsreisende ausgerichtet war, hat man mittlerweile erkannt, dass Wachstum vor allem bei Privatreisenden möglich ist - allerdings nur dann, wenn die Preise günstig sind.
Vom Flughafen Köln Bonn ist am Montag der erste Langstreckenflug der Lufthansa-Billigtochter gestartet. Der Airbus A330 hob gegen 11.20 Uhr in Richtung Varadero auf Kuba ab.