Airline-Leasing:Pilot und Stewardess inklusive

Selbst große Fluggesellschaften können wegen ihrer schwachen Kapitalbasis nicht auf Leasing verzichten.

Wilhelm Heinke

Die Leasingbranche macht mobil - und das auch in der Luft. Viele der Flieger, an denen stolz die Logos bekannter Airlines kleben, gehören in Wirklichkeit einem Leasinggeber. Die Krise der Luftfahrtindustrie nach dem 11. September 2001 hat diesen Trend beschleunigt: Die geschwächte Kapitalbasis auch großer Fluggesellschaften macht das Leasing oft unverzichtbar, wenn es um die Finanzierung des Flugzeugbestandes geht.

Airline-Leasing: Nicht immer unter dem "richtigen Label" unterwegs: Flieger und Besatzung.

Nicht immer unter dem "richtigen Label" unterwegs: Flieger und Besatzung.

(Foto: Foto: ddp)

Die Prognosen für den internationalen Flugzeugbedarf zeigen trotz des tiefen Tals der zurückliegenden Jahre steil nach oben: Airbus etwa geht davon aus, dass weltweit bis zum Jahr 2020 mehr als 18 000 Passagierflugzeuge neu gebaut werden müssen. Der damit verbundene Finanzierungsbedarf wird auf 1,4 Billionen US-Dollar geschätzt.

Der Leasinganteil beträgt heute auf dem europäischen Markt 40 Prozent mit steigender Tendenz. Gerade der europäische Flugzeugbauer Airbus verdankt seine Verkaufserfolge dieser Finanzierungsform, auf die um die 50 Prozent der Verkäufe entfallen. Kein Wunder also, dass die Leasingunternehmen den Flugzeugbereich voller Optimismus betrachten, auch wenn er in den letzten Jahren Rekordverluste beschert hat.

Denn die Jahre 2002 und 2003 waren für die Branche in finanzieller Hinsicht ein Desaster. Branchenschätzungen zufolge haben global operierende Flugzeug-Leasing-Unternehmen in dieser Zeit zweistellige Milliardenbeträge eingebüßt. Der schlagartige Rückgang der Flugbewegungen nach dem 11. September hat den Erträgen mehrfach zugesetzt.

Erstens haben die Fluggesellschaften, wo immer dies vertraglich möglich war, Maschinen an die Leasinggeber zurückgegeben, die dann nur noch über massive Nachlässe bei den Leasingraten wieder in Verkehr gebracht werden konnten.

Zweitens kam es aufgrund der Stilllegung von Maschinen zum Zusammenbruch des Preisniveaus auf dem Gebrauchtflugzeugmarkt in einer Größenordnung von 40 Prozent. Da die Leasinggesellschaften bei vielen Verträgen das Restwertrisiko am Ende der Vertragslaufzeit tragen, waren hier empfindliche Wertberichtigungen vorzunehmen.

Drittens schließlich haben die Pleiten von US Airways, United Airlines und anderen zur massenhaften Nichterfüllung von Verträgen geführt.

Gut bestückte Orderbücher

Inzwischen sind die Krisenjahre zum Glück abgehakt und das weltweite hohe Wirtschaftswachstum hat die Passagierzahlen und das Luftfrachtaufkommen wieder in die Höhe geschraubt. Die Orderbücher der europäischen Flugzeugschmiede Airbus Industries sind erneut gut gefüllt, was auch den Anbietern von Flugzeugfinanzierungen eine rosige Zukunft verheißt.

Es gibt viele Varianten, mit deren Hilfe die Fluggesellschaften ihre Einkaufstour bei Airbus und Boeing zu Stückpreisen oft im dreistelligen Millionenbereich finanzieren können. Beim Finanzierungsleasing bietet die Leasinggesellschaft nichts anderes als die reine Finanzierungsleistung. Wesentlich vielfältiger sind die Operate Leasingverträge, bei denen den Fluggesellschaften zusätzlich zur Finanzierung komplette Dienstleistungspakete geboten werden.

Pilot und Stewardess inklusive

"Wet Lease"

Am weitesten geht hier das so genannte "Wet Lease": Hier sind nicht nur Flugzeug, Wartung und Versicherung, sondern auch die gesamte Crew samt Piloten und Stewardessen im Vertrag inklusive. Anbieter solcher umfassenden Leistungspakete sind nicht Leasingfirmen, sondern ausschließlich andere Fluggesellschaften.

Typischerweise kommen diese Vertragsformen zur Anwendung, wenn kurzfristige Engpässe in der eigenen Flugflotte bestehen und andere Gesellschaften zeitweilig über freie Flugkapazitäten verfügen. Aufgrund der Kurzfristigkeit der Vereinbarung werden die Maschinen in ihrer Bemalung nicht umgestaltet und behalten die Farben der verleasenden Fluggesellschaft.

Die Maschinen haben daher oft eine eigenartige "Mischbemalung", bei der das Logo des Leasingnehmers nur provisorisch aufgeklebt wird.

"Dry Lease"

Pilot und Stewardess inklusive

Dem "Wet Lease" steht der "Dry Lease" gegenüber, die bedeutend häufigere Variante des Flugzeugleasing. Hier werden Maschinen über mehrere Jahre verleast, die Fluggesellschaften passen deren Erscheinungsbild an das eigene Design und die eigenen Standards an.

Beim "Dry Lease" ist der Service von der Wartung bis hin zum Catering Sache des Leasingnehmers, also der die Maschine betreibenden Fluggesellschaft.

Der Leasingmarkt für Passagierflugzeuge ist globaler Natur. Große Leasinggesellschaften wie die irische GE Capital Aviation Services (GECAS) oder die amerikanische International Lease Finance Corporation besitzen riesige Flugzeugflotten, die überall in der Welt unter verschiedensten Flaggen und Marken die Flughäfen bestücken.

GECAS beispielsweise zählt weltweit 230 Airlines zu ihren Kunden und besitzt um die 1100 Flugzeuge. Für private Geldanleger ist eine andere Anbietergruppe interessanter, nämlich die geschlossenen Flugzeugfonds. Dabei handelt es um Fondsgesellschaften, die extra für die Finanzierung eines Flugzeuges gegründet werden. Ein solcher Fonds erwirbt eine Maschine und verleast diese dann an die Luftfahrtgesellschaft im Wege des "Dry Lease".

Die Refinanzierung erfolgt durch Verkauf der Fondsanteile an Investoren. Die Rendite solcher Produkte wird durch Steuerersparnisse aufgrund von Verlustzuweisungen aufgepeppt. Diese Steuerersparnisse wurden für deutsche Anleger zwar durch die Steuerreform verringert. Dennoch können die Flugzeugfonds immer noch interessant sein, da die Entwicklung des Luftverkehrs wieder nach oben zeigt und wachsende Gewinne verspricht.

Aber auch hier gilt: Keine Renditechance ist ohne Risiko. Zum einen ist die Beteiligung an einem Flugzeugfonds mit Kleingeld nicht zu haben - Mindestbeträge von 15 000 Euro sind die Regel. Zum anderen wird bei den meisten gängigen Konstruktionen der Anleger am unternehmerischen Risiko der Fluggesellschaft beteiligt.

Intensive Beratung ist daher ein Muss, bevor ein Anleger sich auch finanziell auf den Take-off eines Flugzeuges einlässt.

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