Airbus und Boeing:Entwarnung im Streit der Prestigeflieger

Überraschende Wende im transatlantischen Handelskonflikt: Europa und die USA wollen den Streit um die Subventionen für ihre Flugzeugbauer jetzt ohne gerichtliche Klagen beilegen.

Von Alexander Hagelüken

Beide klagen zunächst nicht vor der Welthandelsorganisation WTO. In den nächsten drei Monaten sollen die Staatszuschüsse für Airbus und Boeing fallen.

Der Flugzeugstreit war in den vergangenen Monaten eskaliert: US-Präsident George W. Bush hatte im Oktober kurz vor den amerikanischen Wahlen eine Klage gegen die Airbus-Subventionen angekündigt.

Ein solcher Schritt würde den größten Konflikt in der Geschichte der Welthandelsorganisation WTO auslösen.

Die EU drohte prompt mit einer Gegenklage, da die amerikanische Ankündigung nur ein Versuch sei, von Boeings selbstverschuldetem Abstieg abzulenken.

Am Dienstag erklärten beide Seiten auf einmal, sie wollten den Disput lieber durch Verhandlungen beenden.

"Wenn in den transatlantischen Handelsbeziehungen Probleme entstehen, sollten wir sie durch Dialog und Kooperation lösen", sagte der neue Brüsseler Handelskommissar Peter Mandelson.

In dem Konflikt geht es um viel staatliches Geld für prestigeträchtige Branchen.

Amerika und Europa hatten sich vor zwölf Jahren auf eine Art Stillhalteabkommen über Subventionen für die Flugzeugindustrie verständigt, das beiden Seiten die Unterstützung der technologisch wichtigen Industrie ermöglichte.

Der Airbus-Konzern, der etwa 50.000 Mitarbeiter beschäftigt, hat seit der Gründung 1969 etwa 15 Milliarden Euro vor allem in Form rückzahlbarer Darlehen erhalten. Boeing mit seinen insgesamt 150.000 Mitarbeitern bekam nach EU-Angaben seit 1992 rund 23 Milliarden Dollar an Subventionen von der US-Regierung.

In den Vereinigten Staaten wuchs die Unzufriedenheit mit dem Abkommen, weil die EADS-Tochter Airbus allmählich zum Marktführer in der zivilen Luftfahrt aufstieg.

Nach amerikanischen Angaben hat Airbus seinen weltweiten Marktanteil seit Abschluss des Abkommens 1992 von 30 auf mehr als 50 Prozent gesteigert.

Airbus sicherte sich in den vergangenen Jahren mehr Bestellungen als Boeing und lieferte 2003 mit 305 Jets erstmals mehr aus als der US-Konkurrent mit 281 Flugzeugen. Bei Boeing verloren in den vergangenen drei Jahren etwa 40.000 Menschen ihren Job.

EU-Kommissar Mandelson und der scheidende amerikanische Handelsbeauftragte Bob Zoellick wollen das Luftfahrtabkommen nun in den nächsten drei Monaten neu aushandeln. Sie verpflichteten sich, in dieser Zeit keine Klage vor der WTO anzustrengen.

Auch wollen beide Seiten keine neuen Subventionen beschließen. Das Ziel der Verhandlungen ist nach Angaben Mandelsons, die Subventionen für große Flugzeuge langfristig abzuschaffen und fairen marktwirtschaftlichen Wettbewerb zwischen Boeing und Airbus zu schaffen.

"Airbus kann stolz auf die exzellenten Flugzeuge sein, die es baut. Das Unternehmen ist eindeutig in der Lage, auf dem Weltmarkt zu konkurrieren", sagte Mandelson.

Der Brite betonte, eine Einigung würde den Start des neuen Airbus-Flugzeugs A 350 auf keinen Fall beeinträchtigen. Er zeigte sich zuversichtlich, dass die Verhandlungen binnen drei Monaten abgeschlossen werden könnten, da bereits in den vergangenen Monaten einiges erreicht worden sei.

Falls nach drei Monaten keine Einigung gelungen sei, müsse dies nicht automatisch zu einer WTO-Klage führen: "Die beiden Parteien werden dann entscheiden müssen, ob und unter welchen Bedingungen sie die Gespräche weiterführen".

Der bisherige US-Handelsbeauftragte und designierte Vize-Außenminister Zoellick äußerte sich deutlich weniger euphorisch als Mandelson. "Es ist noch viel Arbeit zu tun, bis wir eine Einigung erreicht haben". Die heutige Verständigung auf Verhandlungen sei aber ein wichtiger Schritt.

Hoffnung auf konstruktive Gespräche

Zoellick betonte, Europa und Amerika seien sich zum ersten Mal in dem langen Streit einig, dass das Ziel der Verhandlungen sein müsse, die Subventionierung zu beenden.

Der Boeing-Konzern begrüßte die Verhandlungen als Chance, das dringend benötigte Gleichgewicht im Flugzeugmarkt wieder herzustellen. Auch Airbus reagierte positiv darauf, dass die Konfliktpunkte "in konstruktiven Gesprächen überwunden werden".

Der Abbau von Subventionen wird als kompliziert eingestuft, weil bisher keine Einigung über die Definition besteht. So wirft die EU den USA beispielsweise vor, Boeing indirekt durch Forschungsprogramme für Militär und Raumfahrt zu unterstützen.

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