Luftverkehr:Airbus-Jets kommen nicht mit Hitze klar

Luftverkehr: Fertigung der Airbus "A350" im französischen Werk Toulouse.

Fertigung der Airbus "A350" im französischen Werk Toulouse.

(Foto: Francois Mori/AP)

Flugzeuge müssen enorme Temperaturschwankungen aushalten - auch mal von minus 60 bis plus 50 Grad. Die Lackierung der "A350"-Maschinen hält dem nicht stand. Nun eskaliert der Streit zwischen Airbus und Qatar Airways.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Für die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 hatte sich Qatar Airways etwas ganz Besonderes ausgedacht. Ein Airbus A350 sollte in einem Spezialhangar in Shannon eine Sonderlackierung bekommen, mit der die nationale Fluggesellschaft Katars für das Großereignis werben wollte. Dafür musste zunächst die alte Lackierung entfernt werden, die an einigen Stellen sowieso schon spröde geworden und Risse gebildet hatte.

Der Besuch in Shannon ist der Anfang einer besonders unangenehmen Episode, die Airbus seit nun gut einem Jahr begleitet und die in einen erbitterten Streit mit einem der wichtigsten Kunden eskaliert ist. Denn es stellte sich heraus, dass die Schäden an der Bemalung nicht nur oberflächlich waren, sondern auch die darunterliegenden Farbschichten und sogar ein feines Metallgewebe betrafen, das als Blitzableiter wirkt. Airbus drohen teure Entschädigungszahlungen und Reparaturen, und auch darüber hinaus ist der Schaden riesig.

Denn die zivile Luftfahrtbehörde von Katar hat das betroffene Flugzeug und 19 weitere Maschinen von Qatar Airways aus dem Verkehr gezogen. Die Aufseher wollen zunächst geklärt sehen, was die Ursache der Beschädigungen ist, und sicherstellen, dass die Lufttüchtigkeit der Maschinen nicht beeinträchtigt ist. Als Reaktion hat Qatar-Airways-Chef Akbar Al Baker beschlossen, bis auf Weiteres keine Flugzeuge mehr bei Airbus abzunehmen. Er hat noch 23 Langstreckenjets der A350-Baureihe im Wert von mehreren Milliarden Euro bestellt. Und Qatar Airways will bald möglicherweise bis zu 50 Frachtmaschinen kaufen, entweder die Boeing 777XF oder die jüngst von Airbus lancierte Frachtversion der A350.

Qatar Airways ist nicht die einzige Fluggesellschaft, die Probleme mit der Farbe der A350 hat, aber offenbar ist sie mit Abstand am schlimmsten betroffen. Auch Lufthansa hat "kosmetische Mängel" an einigen ihrer Airbus A350 gefunden, Stellen, an denen die Farbe abblättert, kleine Risse, aber offenbar nicht so gravierende Schäden wie bei Qatar. Auch Finnair und Cathay Pacific (Hongkong) gehören zu der Gruppe von Fluggesellschaften, die sich bei Airbus über die Mängel beschwert haben.

Die europäische Flugsicherheitsbehörde sieht keinen Grund zur Sorge

Airbus betont, mittlerweile die Ursache gefunden zu haben. Die Qatar-Airways-Maschinen sind besonders stark schwankenden Temperaturen ausgesetzt - von minus 60 Grad Celsius im Reiseflug bis plus 50 Grad, wenn sie im Sommer am Flughafen Doha parken. Die Farbschichten dehnen sich dabei aus und ziehen sich wieder zusammen. Der Rumpf selbst, der bei der A350 erstmals aus Faserverbundwerkstoffen besteht, aber nicht. Auf Dauer entstehen dadurch die Risse und durch die Umwelteinflüsse auch die Schäden am sogenannten Expanded Copper Foil (ECF), einer Kupfermembran, die die Kabine vor Blitzeinschlägen schützen soll. Die Sicherheit sei aber "überhaupt nicht" beeinträchtigt und der Rumpf selbst in keinem Fall beschädigt, so Airbus.

Die Flugsicherheitsbehörde European Union Aviation Safety Agency (EASA) ist seit Monaten an der Sache dran. Nach einem Besuch in Katar, bei dem EASA-Inspektoren die Qatar-Airways-Jets untersucht haben, ließ die Behörde zunächst einiges offen: Man könne nicht sagen, dass die Lufttüchtigkeit beeinträchtigt sei, man könne aber auch nicht sagen, dass sie es nicht sei. Mittlerweile ist aber auch die EASA überzeugt, dass auch bei den am massivsten betroffenen Jets kein Grund zur Sorge besteht. Die Analyse habe keine Aspekte ergeben, die die Flugsicherheit beeinträchtigen würden.

Airbus arbeitet nun an technischen Lösungen und neuen Prozessen, durch die die Probleme mit den Lackierungen behoben werden können. Mindestens ebenso langwierig dürfte es sein, das Verhältnis zu Al Baker wiederherzustellen. "Wenn es ein Problem gibt, ist es immer besser, es zuzugeben, statt einen Kunden in eine Ecke zu stellen", so Al Baker bei einer Veranstaltung des Londoner Aviation Clubs. "Airbus klettert gerade auf einen sehr hohen Baum und weiß nicht, wie man wieder herunterkommen soll."

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