Airbus-Militärtransporter A400M:"Mission Impossible"

Der Transporter A400M wird für Airbus zum Albtraum: Halten das Verteidgungsministerium an seinen Forderungen fest, müsste praktisch wohl ein neues Flugzeug entwickelt werden.

J. Flottau

Gerade erst hatte Airbus-Chef Thomas Enders einen dieser Auftritte, für die er in der Industrie gleichermaßen geschätzt und gefürchtet wird. Den Militärtransporter Airbus A400M wie geplant zu bauen, sei eine "Mission Impossible", verkündete er mit bemerkenswerter Offenheit. Und damit hat er wohl nicht nur in finanzieller, sondern auch in technischer Hinsicht recht. Nach SZ-Informationen hapert es bei der Maschine nämlich an mehreren Ecken.

Airbus-Militärtransporter A400M: Rollen kann er schon, aber beim Fliegen hapert's noch: Der Airbus A400M auf dem Rollfeld des Endmontagewerkes in Sevilla.

Rollen kann er schon, aber beim Fliegen hapert's noch: Der Airbus A400M auf dem Rollfeld des Endmontagewerkes in Sevilla.

(Foto: Foto: ddp)

Bis zu vier Jahre später als geplant könnte das Flugzeug ausgeliefert werden, was für Airbus und seinen Mutterkonzern EADS voraussichtlich Milliarden an Zusatzkosten bedeuten würde.

Als grundlegendes Übel bei dem Projekt gilt, dass die Auftraggeberländer wie Deutschland, Frankreich, England und Spanien die industrielle Arbeit in traditioneller Manier proportional zur Größe der Bestellung zu Hause vergeben durften. Das auf den Schutz der eigenen Industrien angelegte Prinzip mag in der Vergangenheit leidlich funktioniert haben, doch ist der A400M ein so komplexes Flugzeug, dass der Wirrwarr aus Zuständigkeiten und aufwendigen Abstimmungsprozessen nicht mehr haltbar ist.

Ungelöste Probleme in sechs Bereichen

So sollen es sechs Bereiche sein, in denen Airbus beim A400M noch vor ungelösten Problemen steht: Triebwerk, ein zu hohes Gewicht, Cockpit-Software, Propeller, Sicherheitsausrüstung und militärische Systeme.

Airbus will sich zu Details nicht äußern und verweist darauf, dass Nacharbeiten während der Entwicklung normal seien. Beim Triebwerk konzentrieren sich die Probleme auf das Getriebe, bei dem sich die erforderlichen Lasten mehrfach geändert haben, und die Software.

Derzeit ist Insidern zufolge die Triebwerks-Software nicht mit den Cockpit-Systemen kompatibel. Das Motorenkonsortium Europrop International (EPI) und Airbus streiten sich seit langem über die Schuldfrage bei den Verzögerungen. Airbus hat diesen Komplex als Hauptproblem dargestellt.

Doch Branchenkreisen zufolge stand dahinter der Versuch, auf diese Weise Verhandlungen mit den Abnehmern über bessere Vertragsbedingungen einleiten zu können. Denn beim Triebwerk war es am leichtesten, die Schuld den Lieferanten zuzuweisen, während die Verträge der EADS das alleinige Risiko zuordnen.

Größere Flügel, schlankerer Rumpf

Doch damit ist es nicht getan. Der A400M ist nach SZ-Informationen derzeit um zwölf Tonnen zu schwer. Im Laufe des Produktionshochlaufs sollen offenbar aktualisierte Versionen des Flugzeuges gebaut werden, die nur noch fünf Tonnen Übergewicht haben.

Dennoch droht der Militär-Airbus in dieser Form nicht mehr die Vorgaben für Nutzlast und Reichweite zu erreichen, auf denen vor allem Deutschland besteht. Hält das Verteidigungsministerium an seinen Forderungen fest, müsste Airbus den Informationen zufolge einen größeren Flügel oder einen schlankeren Rumpf konstruieren, also praktisch ein neues Flugzeug.

Darüber hinaus drohen weitere operationelle Probleme: Simulationen haben Branchenkreisen zufolge ergeben, dass der A400M in der aktuellen Auslegung bestimmte Steilanflüge (der sogenannte steep approach) nicht ausführen kann, weil die Propeller dabei zu flattern beginnen.

Das Fahrwerk sollte ursprünglich wie bei einem Linienbus absenkbar sein, damit Panzer besser in den Laderaum rollen können. Aus Gewichtsgründen wurde diese Hydraulikvorrichtung gestrichen, doch nun muss der Boden womöglich verstärkt werden. Somit droht ein höheres Gewicht.

Abgespeckte Version

Die Flugsicherheitsbehörde European Aviation Safety Agency (EASA) kritisiert dem Vernehmen nach die Art und Weise, wie Sauerstoffflaschen und Feuerschutz angeordnet sind. Einigen sich die beiden Seiten nicht, bekäme der A400M keine zivile Zulassung. Auch die zentrale sogenannte Flight Management Software (FMS) des französischen Herstellers Thales funktioniert den Quellen zufolge noch nicht nach Wunsch, ebenso wenig wie einige der militärischen Systeme.

Airbus-Chef Enders will nun versuchen, eine abgespeckte Version des A400M durchzusetzen und die Kosten besser zu verteilen. Während Frankreich bereits Entgegenkommen signalisiert hat, droht ihm vom größten Kunden Deutschland, der 60 Flugzeuge bestellt hat, Gegenwind. Und nicht wenige in der Branche rechnen damit, dass Großbritannien ganz aussteigen wird. Das Land hat 25 der bislang 192 Maschinen bestellt.

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