Süddeutsche Zeitung

Luftfahrt:Oh nein, alle wollen Flugzeuge kaufen

Airbus kann sich vor Bestellungen kaum retten. Eigentlich eine gute Nachricht nach der Corona-Flaute. Doch es gibt ein Problem: Der Hersteller kommt mit dem Produzieren einfach nicht hinterher.

Von Jens Flottau, Toulouse

Einen Moment ließ Guillaume Faury einen kurzen Blick hinter die Kulissen zu. Angesprochen auf die Schwierigkeiten, die Airbus im Moment mit den Lieferketten hat, schüttelte er den Kopf. Die Situation sei "enorm frustrierend, enorm frustrierend".

Nachdem die Nachfrage während der Corona-Pandemie in sich zusammengefallen war, kam sie danach mit einem Schlag zurück. Airbus kann sich vor Nachfrage kaum retten, erst in dieser Woche hat Air India 250 Flugzeuge bestellt. Zugleich aber machen die Lieferanten die Expansionspläne des Flugzeugkonzerns zunichte: "Wir brauchen zwei Jahre für das, was wir uns für ein Jahr vorgenommen haben", klagte Faury bei der Bilanzpressekonferenz des Unternehmens in Toulouse.

Zwar hält Airbus an dem Ziel fest, 75 Maschinen der Kurz- und Mittelstreckenbaureihe A320neo pro Monat zu bauen, doch nun wird das nicht mehr im Jahr 2025 zu schaffen sein, sondern erst rund ein Jahr später. Derzeit produziert Airbus nur rund 45 Maschinen des Typs pro Monat und der Konzern will die Anzahl bis Ende 2024 auf 65 steigern. Schon 2022 hatte Airbus mit 661 Maschinen deutlich weniger Flugzeuge ausliefern können - ursprünglich waren einmal deutlich über 700 geplant.

Airbus hofft rund 720 Flugzeuge ausliefern zu können

Bei den Lieferanten gibt es einige Probleme: Motoren werden zu spät geliefert, es fehlen Ersatzteile, auch wenn es manchmal nur Chips für die Bordunterhaltung sind. Fluggesellschaften schimpfen über Lieferverzögerungen von bis zu einem halben Jahr und dies, obwohl Faury schon im Herbst 2022 glaubte, es könne nicht noch schlimmer kommen. Im laufenden Jahr hofft Airbus darauf, rund 720 Flugzeuge ausliefern zu können - ungefähr so viele, wie schon ein Jahr zuvor geplant war.

Es gibt aber auch gute Nachrichten: 2022 hat Airbus den operativen Gewinn trotz allem auf von 4,9 auf 5,6 Milliarden Euro gesteigert, der Umsatz legte von 52 auf 58,8 Milliarden Euro zu. Verantwortlich für die besseren Zahlen war praktisch mit einem Gewinn von 4,6 Milliarden Euro (2021: 3,6 Milliarden Euro) ausschließlich die Zivilflugzeugsparte, bei Verteidigung und Raumfahrt gab es einen Einbruch um 45 Prozent.

Die zweite gute Nachricht ist, dass auch die Nachfrage bei den lukrativen Langstreckenflugzeugen anzieht, die während Corona praktisch komplett eingebrochen war. Deswegen will der Konzern nun die Produktion der A350 von sechs Maschinen pro Monat bis Ende 2025 auf neun steigern, die kleinere A330neo soll 2024 von drei auf vier Exemplare monatlich gehen.

Das Wachstum kehrt also zurück, umso wichtiger ist es für Airbus, dass die Initiative Science Based Targets (SBTi) die Umweltziele des Unternehmens abgesegnet hat. So verpflichtet sich Airbus, die CO₂-Emissionen, die in Produktion und Verwaltung anfallen (Scope 1 und 2) bis 2030 um 63 Prozent zu senken. Die sogenannten Scope-3-Emissionen, die beim Betrieb von Airbus-Flugzeugen entstehen, sollen bis 2035 um 46 Prozent pro Sitzkilometer sinken.

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