Süddeutsche Zeitung

Airbus:Ausverkauft

Der Flugzeughersteller kommt mit der Produktion der "A320" nicht hinterher. Im Verteidigungsgeschäft dagegen gibt es Schwierigkeiten.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Gleich zu Beginn verwies Guillaume Faury, 51, darauf, dass er noch ein Neuling ist. Seit dem 10. April ist er Chef des Flugzeugherstellers Airbus, sein Finanzchef Dominik Asam ist zehn Tage länger im Amt. Die Finanzergebnisse für die ersten drei Monate des Jahres, die Faury präsentieren musste, waren also noch die seines Vorgängers Tom Enders. Und die waren schlecht: Der Gewinn verringerte sich um 86 Prozent auf nur noch 40 Millionen Euro. Auf den zweiten Blick trifft weder Enders noch Faury eine wesentliche Schuld an dem Rückgang: Airbus spürt schlicht die Auswirkungen der restriktiven deutschen Rüstungsexportpolitik. Über 300 Millionen Euro an Sondereffekten belasteten das Ergebnis, vor allem die 190 Millionen Euro im Zusammenhang mit einem großen Geschäft zur Grenzsicherung in Saudi-Arabien. Die Bundesregierung hatte jüngst den Exportstopp für Rüstungsgüter in das Land um sechs Monate verlängert. Airbus kann daher die bestellten Anlagen nicht liefern. Finanzchef Asam warnt, Airbus sei auch künftig "möglicherweise nicht in der Lage", vertragsgemäß zu liefern: "Wir wissen nicht, wie sich das entwickeln wird. Uns sind die Hände gebunden."

Die Schwierigkeiten im Verteidigungsgeschäft überlagern derzeit die im Grundsatz positive Entwicklung bei den Zivilflugzeugen, dem für Airbus mit weitem Abstand wichtigsten Segment. Mittlerweile scheinen die allergrößten Schwierigkeiten überwunden zu sein: Airbus lieferte im ersten Quartal 162 Flugzeuge aus, in den ersten drei Monaten des Vorjahres waren es nur 121. Allerdings musste Airbus 61 Millionen Euro an Sonderbelastungen nach der Entscheidung, das A380-Programm im Jahr 2021 einzustellen, verbuchen.

Immerhin: Bei Kurz- und Mittelstreckenflugzeugen ist Airbus auf Jahre ausverkauft. Bis Mitte des Jahres wird Airbus die monatliche Rate auf 60 Flugzeuge der A320/A320neo-Familie ausbauen, 2021 sollen es 63 werden. Dass es nicht noch schneller noch mehr sind, liegt lediglich an den Lieferanten, die mit dem Expansionstempo nicht mithalten können. Faury kündigte an, die Leistungsfähigkeit der Lieferanten in einer neuen Studie bewerten lassen zu wollen, um herauszufinden, ob und wann nicht doch noch mehr geht.

Der neue Airbus-Chef glaubt nicht, dass der Konzern Airbus stark von der Krise des Konkurrenten Boeing profitieren wird, dessen Massen-Modell 737 Max nach zwei Abstürzen derzeit nicht fliegen darf. "Eine Max ist eine Max und eine A320 ist eine A320", sagte er. Gemeint ist: Die beiden Flugzeugprogramme haben nur sehr eingeschränkt die gleichen Lieferanten. Wenn die Stückzahlen bei dem einen sinken, wenn auch nur zeitweise, dann bringt das dem anderen nicht unbedingt viel. Und da die Airbus-Produktion sowieso voll ausgelastet ist, könnte Airbus kaum Aufträge für kurz- oder mittelfristige Produktionszeiten annehmen, selbst wenn Kunden nun von Boeing herüberwechseln wollten. Derzeit kontrolliert Airbus bereits rund 60 Prozent des Marktes für Kurz- und Mittelstreckenflugzeuge.

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SZ vom 02.05.2019
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